Mehr Togo für die MLU
Herr Professor Oloukpona-Yinnon, Sie sind Vizepräsident der internationalen Vereinigung der Germanistik. Was hat Ihr Interesse an der Germanistik geweckt?
Prof. Dr. Oloukpona-Yinnon: Ich habe am Gymnasium Deutsch als dritte Sprache ausprobiert. An die Kurse kann ich mich noch gut erinnern. Es ging um deutsche Mythologie – Siegfried und Kriemhild... Die deutsche Kultur und Literatur hat mich sehr interessiert und ich habe in Lomé begonnen, Germanistik zu studieren. Über den DAAD bin ich dann nach Deutschland gekommen. In München habe ich meine Ausbildung zum Deutschlehrer absolviert und später habe ich meinen Magister und meine Promotion in Frankreich gemacht. Als Germanist in Togo muss man heute in der Lehre die gesamte Skala der deutschen Literatur beherrschen und weitergeben können.
Sie erforschen vor allem deutsche Kolonialliteratur. Womit beschäftigen Sie sich im Moment besonders?
Prof. Dr. Oloukpona-Yinnon: Zurzeit forsche ich vor allem im Bereich des Postkolonialismus in der deutschen Literatur. In meinem Fachgebiet geht es um Fragen der Kultur, der Literatur wie auch der Landesgeschichte. Zu meiner Studentenzeit wurde nur zu den kolonialen Theorien gearbeitet. Der Postkolonialismus war eine große Revolution in der Forschung für uns. Die Studierenden können sich mit diesen Theorien heute viel stärker identifizieren. Und das verbindet auch die Forschungen von Kollegin Röseberg und mir.
Mit Frau Professor Röseberg treffen Sie sich heute nicht zum ersten Mal. Wie haben Sie sich kennengelernt?
Prof. Dr. Röseberg: Wir kennen uns jetzt seit drei Jahren. Der Kontakt zu Professor Oloukpona-Yinnon kam über unsere Partneruniversität in Paris zustande. Am Institut für Romanistik wollen wir uns bei der Gestaltung unseres binationalen Studierendgangs Interkulturelle Europa- und Amerikastudien, IKEAS/LEA, künftig noch stärker auf das frankophone Afrika konzentrieren und dies auch in der Forschung vertiefen.
2010 habe ich Professor Oloukpona-Yinnon dann an der Universität in Lomé besucht. Dort habe ich neben meiner Seminartätigkeit auch die Martin-Luther-Universität vorgestellt. Die Universitätsleitung in Togo hat großes Interesse an einer Kooperation mit der MLU geäußert, die auch mehrere Fakultäten umfassen könnte – die Landwirtschaft, die Naturwissenschaften, die Ethnologie und natürlich die Germanistik.
Prof. Dr. Oloukpona-Yinnon: Seit Professorin Rösebergs Besuch bin ich an der Universität Lomé als Koordinator der Kooperationen mit deutschen Universitäten tätig. Unser Ziel ist es jetzt, in einem ersten Schritt gemeinsam einen Rahmenvertrag aufzusetzen.
Gibt es bereits Projekte, die Sie gemeinsam leiten?
Prof. Dr. Oloukpona-Yinnon: Ein kleines Projekt haben wir schon gemeinsam voran gebracht. Eine IKEAS-Studentin der MLU hat in Togo zur Erinnerung an die französische Kolonialzeit an bisher unerschlossenen Quellen gearbeitet. Ihre Masterarbeit haben wir gemeinsam betreut.
Prof. Dr. Röseberg: Das Thema des kollektiven Gedächtnisses spielt ja in der Kulturwissenschaft eine zentrale Rolle. Es gibt bislang keine Untersuchungen zu Togo. Dies wird einen Schwerpunkt unserer gemeinsamen Forschungsarbeit bilden. Eine Dissertation in Form der cotutelle wird dabei eine Form sein. Wir werden auch den Austausch in Form von Gastvorträgen und vor allem von Studierenden intensivieren. Im Moment ist es noch sehr schwierig, togolesischen Studierenden einen solchen Deutschlandaufenthalt zu ermöglichen.
Aus dem deutsch-französischen Sommerfest des Instituts ist in diesem Jahr ein togolesisch-deutsch-französischer Abend geworden. Mit welchem Ziel?
Prof. Dr. Röseberg: In Deutschland ist ja eher selten etwas über Togo zu lesen. Mit diesem Abend möchten wir Studierende deshalb vor allem für das Land interessieren und über Möglichkeiten eines längeren Aufenthalts informieren. Einige unserer Studierenden waren schon einmal in Togo und können aus erster Hand von ihren Erfahrungen berichten.