Von Brockenhexen und Folterkellern
Auch ein zweites Forschungsfeld von Monika Lücke ist nicht weniger schaurig: Die Bernburger Folter-Ausstellung, die im Sommer wiedereröffnet wurde, hatte die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte konzipiert, komplett umgestaltet und mit neuen Ausstellungstafeln versehen. „Ich konnte meine Forschungen verbinden mit dem, was hier gemacht werden musste.“
Die Begegnung mit der Eisernen Jungfrau machte sie fassungslos. Sie konnte es nicht glauben. Da stand er nun, der metallene Hohlkörper in Frauenform, innen gespickt mit spitzen Dornen. Ein Anschauungsobjekt im Museum des Bernburger Schlosses. Ein Folterinstrument? Mitnichten. Eher ein Mythos. „Das finstere Mittelalter mit grässlich-grausamen Ritualen – solche Vorstellungen machte man sich vor allem im 19. Jahrhundert“, weiß die Fachfrau. „Entsprechend abenteuerlich fielen dann oft die Nachbauten angeblicher Folterinstrumente aus. Die ‚Eiserne Jungrau’ könnte niemand überleben.“
Die 53-Jährige sieht sich in der Pflicht. Die hiesigen Wissenschaftler hätten einen „Bildungsauftrag für die Region“. Allerdings: Mit ihren Erkenntnissen macht sich die Expertin für das Thema Hexenverfolgung in Mitteldeutschland nicht nur Freunde. Die gewinnträchtige Vermarktung der Walpurgisnacht ist Monika Lücke beispielsweise überhaupt nicht geheuer. „In dieser Nacht auf dem Brocken mit dem Teufel getanzt zu haben, hat vielen mutmaßlichen Teilnehmern die Hinrichtung als Hexe eingetragen. Ich finde, es geht weit über das erträgliche Maß hinaus, daraus ein touristisches Event zu machen. Hexenpuppen werden wir aus dem Harz nicht verbannen können, aber Aufklärung sollte sein.“
„Befragung“ mit Scharfrichter
Auch darüber, dass nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht Millionen, sondern eher um die 40000 Hexen hingerichtet wurden und dass rund 20 Prozent der Opfer Männer waren. „Der Irrglaube über Hexenverfolgungen ist eben vielfältig und weit verbreitet“, weiß Monika Lücke. Im Spätsommer erschien ihr neues Buch zur „Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts“.
Ein schönes Thema sei das nicht, bekennt die hallesche Historikerin. „Es fließt einem nicht leicht aus der Feder.“ Andererseits lasse es einen aber auch nicht mehr los. Etwa 300 Hexenprozesse kann Monika Lücke für das heutige Sachsen-Anhalt nachweisen. Prozessakten fanden sich in diversen Archiven, zahlreiche Hinweise in Kirchenbüchern. Folterbeschreibungen gibt es allerdings sehr selten. „In den Akten steht dazu kaum etwas. Aber gut überlieferte Rechnungen besagen oft viel mehr. Beispielsweise jene für das Saufgelage des Scharfrichters und seiner Gesellen.“ Eine mehrstündige „Befragung“ mit Scharfrichter lasse auf Folter schließen. Doch die meisten Prozessakten beschränken sich auf eine Standard-Formulierung: „Nach ferner Erinnern bekennt sie ...“.