„Man braucht Humor“

23.08.2018 von Manuela Bank-Zillmann in Campus, Hochschulpolitik, Personalia
Der 31. August 2018 ist nach acht Jahren der letzte Arbeitstag von Prof. Dr. Udo Sträter als Rektor der Universität Halle. Mit dem Ende des Sommersemesters verlässt er auch seine Professur für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät, die er seit 1992 innehatte. Das Unimagazin „campus halensis“ hat mit ihm gemeinsam eine kleine Bilanz seiner zwei Amtszeiten gezogen und über seine Zukunftspläne gesprochen.
Rektor Udo Sträter hat in seiner achtjährigen Amtszeit unzählige Male am Rednerpult gestanden.
Rektor Udo Sträter hat in seiner achtjährigen Amtszeit unzählige Male am Rednerpult gestanden. (Foto: Maike Glöckner)

Wenn Sie in drei Worten die Universität heute beschreiben, welche sind das?
Udo Sträter: Stark, zukunftsfähig, aber manchmal ressourcenschwach.

Hätten Sie das vor acht Jahren auch schon so formuliert?
Im Grunde ja.

Ihr Name ist untrennbar mit der Kürzungsdebatte von 2013 verbunden und mit Erfolgen für die Universität. Ganz so ressourcenschwach ist die Uni heute ja nicht, sie steht finanziell recht gut da. So gut wie nichts wurde gekürzt, es gab sogar aus den Bafög-Millionen des Bundes etwas mehr Geld. Manchen Gegnern aus dem politischen Raum sind die Auseinandersetzungen nicht gut bekommen, einige sind nicht mehr da. Wie reflektieren Sie das heute? Woran erinnern Sie sich?
Meine Amtszeit zerfällt in drei sehr unterschiedliche Perioden. Was vor 2013 war, ist ziemlich verblasst vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen von 2013 bis ins Jahr 2014 hinein. Wir sind 2010 angetreten mit der Absicht, die Universität zu profilieren, nach Möglichkeit auch das Finanzdefizit abzubauen und neue Ideen zu entwickeln. Vieles davon ist schnell Makulatur geworden angesichts der Kürzungsdrohungen ab Ende 2012. Die folgende Zeit war bestimmt von Auseinandersetzungen. Über Strukturfragen konnte nicht konstruktiv gesprochen werden, weil Strukturdiskussionen immer als Kürzungsdebatte interpretiert worden sind. Und seitdem es 2015 ruhig geworden ist, beginnen die Dinge sich wieder zu normalisieren und man kann über die Profilierung und die Zukunft der Universität nachdenken und auch daran arbeiten.

Es gab diese große Demo auf dem Marktplatz in Halle 2013. Seit 1990 gab es keine größere Demonstration in diesem Land. Sie haben dort vor einer wirklich beeindruckend großen Menschenmenge gesprochen. War das ein wichtiges Ereignis?
Das war sicher sehr ungewöhnlich und gehörte nicht zu den Plänen meiner Amtsführung. Und das war dann doch überraschend: In einer Situation zu sein, in der eine Volksrede angesagt war. Manchmal wundere ich mich, dass das im Grunde sehr gut gelungen ist.

2013: Udo Sträter am Mikrofon auf einer der Demos gegen Kürzungspläne des Landes
2013: Udo Sträter am Mikrofon auf einer der Demos gegen Kürzungspläne des Landes (Foto: Maike Glöckner)

Sie sind natürlich ein hervorragender Redner und haben – zum großen Vergnügen vieler Gegner der Sparpolitik – dem Ministerpräsidenten mit einem Zitat von Kant Paroli geboten.
Der Ministerpräsident hat das entweder akustisch nicht richtig verstanden oder es wurde ihm falsch übermittelt. Er hat das Zitat, das dahingehend gemeint war, dass sich alle Abgeordneten selbst ihre Gedanken machen sollen, zu stark auf sich selbst bezogen. Ich habe nur gesagt, dass wir uns in der Stadt befinden, in der die Aufklärung maßgeblich mitgeprägt worden ist und dass Kant die Menschheit dazu aufgefordert hat, die Unmündigkeit zu verlassen und sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Der Hintergrund war das ständige Berufen auf Gutachten zur Finanzlage des Landes, das die ganze Diskussion überschattet hat.
 
Was ist sonst geblieben?
Ich habe geahnt, dass mich Politik interessiert und mir Spaß macht, und ich habe festgestellt, dass das wirklich so ist. Ich mag Politik, denn sie ist die Kunst des Möglichen, und ich habe das Gespräch mit aktiven Politikern meistens geschätzt.
 
Ich möchte kurz aus einem Interview zitieren, das Sie im Unimagazin „scientia halensis“ zum Ende Ihrer ersten Amtszeit gegeben haben: „Ich möchte gemeinsam mit den Nachbaruniversitäten diesen mitteldeutschen Universitätsraum gestalten und unsere (...) so entwickeln, dass wir klare Perspektiven haben, die bis 2030/35 zukunftsträchtig sind.“ Hat sich das erfüllt? Was ist da auf dem richtigen Weg?
Da ist vieles auf dem richtigen Weg. Wir haben die Kooperation zwischen den Universitäten Halle, Jena und Leipzig verstärkt. Wir sind in engen Absprachen in gemeinsamen Rektoratssitzungen. Wir versuchen uns zu ergänzen, wir wollen unnötige Konkurrenz vermeiden und gemeinsam Forschungsverbünde einwerben, für die jede Universität für sich alleine nicht stark genug ist. Hier ist das Paradebeispiel iDiv - das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig.

Blicken wir zur Abwechslung mal nach Magdeburg. Sie sind ja auch noch ein paar Tage Präsident der Landesrektorenkonferenz. Sachsen-Anhalts Geschichte nach 1990 ist auch in der Hochschulpolitik oft geprägt von einer Rivalität zwischen Magdeburg und Halle. Ist das eine gesunde Konkurrenz? Oder lähmt uns das?
Diese Konkurrenz war eine Zeit lang sehr hemmend und hatte natürlich mit der Auseinandersetzung um Ressourcen zu tun. Wir haben in den vergangenen Jahren aber eine stärkere Differenzierung zwischen den beiden Universitäten: In Magdeburg hat man sich stärker auf die Medizin und die technischen Ingenieurwissenschaften konzentriert, in Halle haben wir das breite Spektrum in allen Bereichen ohne die Ingenieurwissenschaften. Die unmittelbare Konkurrenz ist nicht mehr so gegeben wie noch vor einigen Jahren. Im Übrigen haben auch hier die Auseinandersetzungen des Jahres 2013 dazu beigetragen, dass an allen Hochschulen im Land klargeworden ist, dass man nur gemeinsam etwas erreichen kann.

In Ihrer zweiten Amtszeit kamen die Sparbeschlüsse von 2004 zum Tragen, so die schon von Ihnen eben erwähnte Schließung des Zentrums für Ingenieurwissenschaften, aber auch die Aussetzung von Studienangeboten, wie dem Bachelor Japanologie oder zuletzt die Schließung der IGP-Studiengänge in der Musikpädagogik. Sind nötige Diskussionen um das Profil der Universität auch vor diesem Hintergrund und dem der Kürzungsdrohungen von 2012/13 immer wieder schwierig an dieser Universität?
Ja, in bestimmten Phasen haben die von Ihnen geschilderten Hintergründe die Diskussion immer wieder verhindert. Aber wir haben danach, als klar war, dass sich die Lage konsolidiert, eine Kreativität besonders auch in den Fakultäten festgestellt, die zum Teil ihre Institute neu organisiert und zukunftsträchtige Konzepte entwickelt haben. Und so sollte es generell sein, dass solche Konzepte aus wissenschaftsinternen Überlegungen heraus entstehen und nicht als Sparmaßnahme diktiert werden.
 
Guter Rat ist ja nicht immer gefragt, ich frage trotzdem. Was geben Sie Herrn Tietje als Ihrem Nachfolger gern mit auf den Weg? Was ist denn wichtig für das Amt?
Eine Verbindung von Entschlossenheit und Gelassenheit. Und manchmal braucht man eine Menge Humor.

Und wenn Sie selbst noch einmal vier Jahre hätten? Was würden Sie tun?
Ich kann mir nicht vorstellen, das noch einmal vier Jahre zu machen. Nicht, weil ich das Amt nicht interessant finde, sondern weil ich denke, dass nach acht Jahren – insbesondere in der jetzigen Situation – gut ein Amtswechsel erfolgen kann.

Es gibt gute Ausgangsbedingungen für das neue Rektorat?
Unter den Umständen, die man erwarten konnte, sehr gute Ausgangsbedingungen! Die Lage ist ruhig, die Landesregierung, insbesondere der Wissenschaftsminister Armin Willingmann, ist uns wohl gesonnen. Es steht keine Kürzungsdebatte am Horizont.

Und was werden Sie ab September machen?
Ich werde mich wieder um meine Forschung kümmern, ich bin darauf sehr gespannt. Es ist das erste Mal seit meinem Habilitationsstipendium, dass ich mich wieder voll und ganz der Wissenschaft widmen kann. Ich habe da einiges versprochen, was ich einlösen muss.

Das heißt, Sie begeben sich wieder in die Tiefen der Pietismusforschung, speziell der Forschung zu Philipp Jacob Spener, der ein Lehrer Franckes war.
Ja, ich habe mich in zahlreichen Archiven als Dauergast angemeldet und man erwartet dort auch mit Spannung, ob ich das wahrmache.

Sie haben aber auch in den Franckeschen Stiftungen einiges vor, Sie sind seit Juni Kuratoriumsvorsitzender. Was kommt dort auf Sie zu?
Hoffentlich nicht nur Grußworte und Festreden, sondern auch inhaltliche Arbeit in Unterstützung des Direktoriums.

Und treffen wir Sie auch weiterhin an der Uni? Vielleicht bei Veranstaltungen, im Archiv, in der Bibliothek?
An den beiden letztgenannten Orten sicher, bei Festveranstaltungen werde ich mir vielleicht eine Auszeit genehmigen.

Eine große Festveranstaltung steht aber noch bevor – die feierliche Amtseinführung Ihres Nachfolgers Christian Tietje am 17. Oktober – die Investitur. Dort haben Sie auch eine wichtige Rolle und halten noch einmal eine Rede.
Ich mache mir da schon jetzt Gedanken, was ich bei der Investitur des neuen Rektors sagen werde. Da sind mir schon einige Dinge eingefallen. (lacht) Ich werde mich bemühen, alle ernsten Themen außen vor zu lassen.
 

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