Kasse und Karriere fördern: 64 Deutschlandstipendien vergeben
Die Aula bietet ein ungewohntes Bild: 15 runde Tische mit Kaffeegedeck sind Indiz dafür, dass heute weder Vortrag noch Podiumsdiskussion auf dem Programm stehen. Stattdessen haben 140 Stipendiaten, Förderer und Uni-Vertreter Gelegenheit, sich in lockerem Rahmen auszutauschen – dank Moderator André Hüttner auch über Tische hinweg.
„Was bewegt jemanden dazu, Stipendien für Studierende zu stiften?“, will Hüttner, der Sprechwissenschaft studiert, von den anwesenden Förderern aus der Wirtschaft, aus öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen sowie von den privaten Stipendiengebern wissen. Gründe gibt es viele: Die enge, oft langjährige Beziehung zur Uni Halle wird genannt. Aber auch das Sparen an der Bildung, wie es die Landesregierung derzeit anstrebe. Das habe ihn dazu bewogen als Privatperson in Bildung zu investieren, erzählt Dr. Frank Dreihaupt, Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt.
Deutlich wird außerdem: Die Förderer suchen den Kontakt zum akademischen Nachwuchs und das wird auch von den Stipendiaten sehr geschätzt, wie diejenigen versichern, die bereits gefördert wurden. „Ich kann den neuen Stipendiaten nur raten, die Zusatzangebote der Stipendiengeber zu nutzen – egal ob es Praktika sind oder der direkte Austausch mit den Förderern“, sagt Annabell Blaue, Stipendiatin der Halleschen Wohnungsgesellschaft mbH. Und Vroni Hentschel, die Agrarwissenschaften studiert, pflichtet ihr bei: Als Stipendiatin der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) konnte sie mehrere DLG-Tagungen besuchen, die für ihren Berufsweg mindestens genauso wertvoll seien wie die finanzielle Unterstützung von insgesamt 300 Euro monatlich.
Insgesamt 413 Studierende der MLU hatten sich auf die 64 neuen Stipendien beworben. Mit elf Nachfolgestipendien aus dem Sommersemester beträgt die Zahl aller aktuell vergebenen Stipendien somit 75. Der Name Deutschlandstipendium soll dabei nicht in die Irre führen: Jeder kann unterstützt werden, egal woher er kommt. Entscheidend sind die Leistungen und das Engagement, das Bewerber zeigen. So gehört zu den neuen Stipendiaten auch ein ukrainischer Student, der vom Rotary Club Halle gefördert wird.
Bis nach Afrika kann ein hallesches Deutschlandstipendium wirken, wie das Beispiel von Luise Hunger zeigt. Sie konnte dank der Unterstützung des Krankenhauses Martha-Maria in Halle-Dölau sechs Wochen ihrer Famulatur an einer Klinik in Tansania absolvieren. Vor allem Kinder, die an einem lebensbedrohlichen Tumor erkrankt sind, werden dort behandelt. Vor Ort zählte für die Medizinstudentin nicht nur die berufliche Praxis. Gemeinsam mit drei Freunden hat sie in ihrer freien Zeit vor Ort für die kleinen Patienten einen Spielplatz gebaut.
Mehr über das Deutschlandstipendium
Das Deutschlandstipendium startete erstmals zum Sommersemester 2011 an deutschen Hochschulen. Finanziert wird es zur Hälfte vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie von Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen. Die Studierenden werden in der Regel für zwei Semester und bis maximal zum Ende ihrer Regelstudienzeit mit 300 Euro monatlich unterstützt. Diese Unterstützung ist einkommensunabhängig und kann ohne weiteres zusätzlich zu BAföG-Leistungen bezogen werden. An der Martin-Luther-Universität konnten bisher insgesamt 282 Stipendien vergeben werden.