Dinosaurierspuren in luftiger Höhe
Geologen der Universität Stellenbosch entdeckten die Spuren auf Felsblöcken der Elliot-Formation im südafrikanischen Lesotho eher zufällig auf einer Expedition im Jahr 2015. Dass Oliver Wings von der Uni Halle sie nun untersucht, verdankt er einer Fachtagung in Marokko, bei der er Ryan Tucker kennenlernte. „Ich habe einen Vortrag über die Dokumentationsmethode Photogrammetrie gehalten. Aus Fotos werden dabei mit Spezialsoftware am Computer hochexakte digitale 3D-Modelle erstellt“, erzählt Wings. Sein Kollege fand, dass sich ihre Expertise gut ergänzt, berichtete ihm von der Fundstelle und lud ihn für einen Forschungsaufenthalt nach Südafrika ein.
Im Januar 2016 reiste Oliver Wings nach Lesotho, um die Fußabdrücke der Dinosaurier am Felsen zu dokumentieren. Das war gar nicht so einfach, denn der Forscher musste sich etwa eine Stunde vom Auto aus über Ziegenpfade zur Felsformation durchschlagen. Die Spuren erwarteten ihn schließlich in luftiger Höhe auf der Felswand über ihm. „Die überhängende Felswand ist mit Spuren von zweibeinigen Raubdinosauriern übersät. Außerdem fanden wir im Unterholz etwa 150 Meter unterhalb am Felshang einen Felsblock mit stärker verwitterten Spuren“, sagt Wings. Der Felsblock sei vermutlich vor mehreren hundert Jahren von der oberen Wand abgebrochen, fährt er fort. An der oberen Wand zählten die Forscher 85 Spuren von verschiedenen Dinosauriergruppen, 110 weitere Fußabdrücke sind auf dem abgestürzten Felsblock zu sehen.
"Die Spuren sind für uns sehr wertvoll, weil sie Rückschlüsse auf das Verhalten früher Dinosaurier erlauben. Sie zeigen einen wenn auch sehr kurzen doch realen Ausschnitt aus dem Leben der Tiere“, sagt der Paläontologe Wings, der am ZNS als Kustos der Geiseltalsammlung arbeitet. Sie entstanden, als die Dinosaurier durch antrocknenden Schlamm liefen und ihre Abdrücke hinterließen. Kurz darauf muss eine Überschwemmung gekommen sein, die zwar Sand in die Vertiefungen spülte, den Schlamm um die Spuren herum aber nicht aufweichte. Nach und nach lagerten sich weitere Sedimentschichten ab, die sich verfestigten, bis Sandstein entstand. Die nun freiliegende Fläche am Felsen zeigt aber nicht die Vertiefungen, sondern die Sandausformungen der Abdrücke an der Schichtunterseite.
Ryan Tucker analysiert die Gesteinsschichten der Fundstelle. Anhand der verschiedenen Sedimente zieht er Rückschlüsse auf die damaligen Ablagerungsverhältnisse. So kann er beispielsweise anhand von Sedimentstrukturen nachvollziehen, wie hoch das Wasser zur Zeit der Dinosaurierwanderung stand. Die 3D-Modelle der Spuren dienen Oliver Wings und seinem Kollegen Jens Lallensack von der Universität Bonn als Datengrundlage für ihre Untersuchung. „Wir messen zum Beispiel virtuell die Zehenlänge, den Winkel zwischen den Zehen, oder auch die gesamte Fußlänge aus. Anhand der Schrittlänge kann man außerdem Rückschlüsse auf die Hüfthöhe und damit Gesamtgröße und Geschwindigkeit der Tiere ziehen“, sagt Wings. Bis die Forscher ihre Ergebnisse veröffentlichen können, ist noch einiges zu tun. Sie nutzen die Woche in Halle, um ihre gewonnenen Daten auszutauschen und die Inhalte ihrer Publikationen festzulegen.