Der Mann für den Energiespar-Modus

18.07.2023 von Moritz Peters in Campus, Personalia
Gasknappheit, Stromengpässe, Blackouts: Das waren die drohenden Szenarien, vor denen die Bundesrepublik im September 2022 stand. Um deren Eintreffen zu verhindern, sollten öffentliche Gebäude Strom- und Wärmeenergie sparen. An der Uni hatte und hat das vor allem ein Mann im Blick: Energiemanager Christian Wittenberg. „campus halensis“ stellt den Schkopauer und seine Arbeit vor.
Energiemanager Christian Wittenberg im Winter im Heizungsraum des Charles-Tanford-Proteinzentrums
Energiemanager Christian Wittenberg im Winter im Heizungsraum des Charles-Tanford-Proteinzentrums (Foto: Markus Scholz)

Dass die Energiesparkampagne der MLU eine solche Dynamik entwickeln würde, hätte Christian Wittenberg im September nicht gedacht. „Man konnte jede Woche sehen, wie der Strom- und Wärmeverbrauch im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist“, berichtet der 36-Jährige. „Ich hatte mit Einsparungen im einstelligen Prozentbereich gerechnet.“ Am Ende waren es durchschnittlich 19 Prozent Wärme und 13 Prozent Strom, die zwischen September und April im Vergleich zum Vorjahr eingespart wurden. Gesunken sei der Verbrauch in jeder der mehr als 150 Liegenschaften der Uni, so der Energiemanager.

Doch wie wird man eigentlich Energiemanager? Zum Studium des Technologiemanagements verschlug es den Schkopauer an die Universität Stuttgart, ein Auslandssemester absolvierte er im türkischen Istanbul. Nach seinem Abschluss 2016 ging es für Christian Wittenberg zurück in die Heimat, wo er in der chemischen Industrie in Schkopau tätig war. 2019 wechselte er an die Universität Halle, wo er seitdem in der Abteilung 4 – Bau, Liegenschaften und Gebäudemanagement tätig ist.

Seine wichtigste Funktion sei die als Bindeglied zwischen den Versorgern und der Universität Halle. „Den Verbrauch von Gas, Strom, Fernwärme und Wasser - das werte ich aus“, sagt Wittenberg. Denn nur wer weiß, wie viel Energie eine so große Einrichtung wie die Uni Halle im laufenden Betrieb verbraucht, könne auch Entscheidungen treffen, um Einsparungen zu erzielen. Manche Daten können zentral ausgelesen werden, andere Zählerstände müssen noch manuell erfasst werden. „Für die Jahresendabrechnung fangen wir bereits Ende November/Anfang Dezember an. Da ich das alleine nicht schaffe, werde ich von meinen Kolleginnen und Kollegen des Gebäudemanagements unterstützt, die mir die Verbrauchsdaten übermitteln“, erklärt Wittenberg.

Über einen Rahmenvertrag des Landes Sachsen-Anhalt ist die Uni eng mit der Energieversorgung Halle GmbH (EVH) verbunden. Schon heute, so Wittenberg, erfülle die Universität die strengere Variante des neuen Gebäudeenergiegesetzes, das unter anderem Anforderungen an den Einsatz erneuerbarer Energien in Gebäuden festschreibt. Die MLU bezieht 80 Prozent ihrer Wärme als Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung und hat im Oktober 2021 komplett auf Ökostrom umgestellt. Gezwungenermaßen, denn der damalige Gasversorger ging in die Insolvenz. Glück im Unglück, meint Wittenberg. Auch durch die nun langfristigen Verträge mit der EVH sei man stabil über das Jahr 2022 und die Heizperiode gekommen. Und: „Der berühmte Doppel-Wumms wirkt“, sagt Wittenberg und lacht. Die Gas- und Energiepreisbremse der Bundesregierung – von Bundeskanzler Olaf Scholz als Doppel-Wumms bezeichnet – sorge zusammen mit den Sparmaßnahmen der Universität dafür, dass die Ausgaben der MLU für Energie auf dem Niveau des Vorjahres geblieben sind.

Besonders erfolgreich war neben dem Proteinzentrum der Botanische Garten, der 34 Prozent Gas einsparen konnte. „Die Ideen dazu kamen direkt von den Gärtnerinnen und Gärtnern“, berichtet Matthias Hoffmann, Kustos des Botanischen Gartens. Konkret wurde mit viel Isolierfolie gearbeitet. So wurde im Tropenhaus eine Zwischendecke aus Dämmfolie eingezogen, um das Volumen des Hauses zu reduzieren und das schlecht gedämmte Dach „abzuklemmen“. Gleichzeitig wurden die Pflanzen entsprechend ihrem Wärmebedarf umgestellt: Wärmeliebende Pflanzen wurden in gut gedämmte Häuser und robustere Pflanzen in schlechter gedämmte Häuser gesetzt. Außerdem wurden die Temperaturen in den Gewächshäusern generell gesenkt und die Belüftung wurde reduziert. „Ein glücklicher Umstand war, dass wir das moderne und gut isolierte Forschungsgewächshaus für die Überwinterung nutzen konnten, weil keine Versuche liefen“, sagt Matthias Hoffmann.

Energiemanager Christian Wittenberg bereitet die Daten allerdings nicht nur für die Rückschau auf. Auch für künftige Bauprojekte wie die neue Turnhalle auf dem Weinberg Campus seien sie wichtig, sagt er. „Jede Liegenschaft hat ein individuelles und detailliertes Energieverbrauchsprofil. Das stelle ich den Bauplanern zur Verfügung. Damit bei der Planung der richtige Bedarf berücksichtigt wird, stehe ich in engem Kontakt mit der Bauleitung.“ Wie viel Wasser wird verbraucht, welche Stromleitungen müssen verlegt werden, damit die Sporthalle reibungslos funktioniert, und wie viel Wärme muss für eine angenehme Temperatur bereitgestellt werden? „So können Planungsfehler vermieden und Ressourcen effizient genutzt werden“, so Wittenberg.

Auch im Sommer müsse übrigens Energie gespart werden, so der Manager – zum Beispiel Kälteenergie. Das fange beim wassergekühlten Elektronenmikroskop im klimatisierten Labor an und höre bei den großen Kühlkammern und -schränken auf, die für die Aufbewahrung von Proben wichtig sind. „Da werden die Türen aus Bequemlichkeit schon mal mit einem Keil aufgehalten und die Kälte entweicht. Dafür müssen wir die Kolleginnen und Kollegen sensibilisieren“, sagt Wittenberg. Wie es in der nächsten Heizperiode weitergeht, werde man sehen. Christian Wittenberg ist aber optimistisch: „Wir sind flexibel und gehen mit unseren Erfahrungen gelassen in den Herbst.“

Die Auswertung

Insgesamt wurden an der Universität 4312 Megawattstunden an Wärmeenergie im Zeitraum von September 2022 bis April 2023 eingespart. Das entspricht dem Jahresverbrauch von etwa 175 Einfamilienhäusern. Der Wert für die absolute Einsparung an Stromenergie liegt bei 2081 Megawattstunden - dem Jahresverbrauch von etwa 600 Einfamilienhäusern. Die meiste Wärmeenergie konnte im Charles-Tanford-Proteinzentrum und im Botanischen Garten eingespart werden. Eine genauere Auflistung ist hier zu finden: https://www.uni-halle.de/energie/auswertung_2022/

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Nachhaltigkeit

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