Wichtige Impulse für ihr Fach – Zum Tod der Sprechwissenschaftlerin Eva-Maria Krech

08.06.2023 von Prof. Dr. Susanne Voigt-Zimmermann in Personalia
Am 25. Mai 2023 ist die Sprechwissenschaftlerin Prof. Dr. Eva-Maria Krech im Alter von 90 Jahren verstorben. Sie hat wesentlich zur Anerkennung ihres Faches und zur heutigen Bedeutung der halleschen Sprechwissenschaft beigetragen. Ein Nachruf von Prof. Dr. Susanne Voigt-Zimmermann
Eva-Maria Krech
Eva-Maria Krech (Foto: privat)

Eva-Maria Krech hat unser Fach und uns, ihre Schülerinnen und Schüler, nachhaltig geprägt. Sie hat nicht nur wesentlich dazu beigetragen, dass die Sprechwissenschaft als eigenständiges Fach anerkannt wurde und wird – es ist als solches in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Portal „Kleine Fächer“ ausgewiesen. Ihr und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern ist es auch zu verdanken, dass die heutige hallesche Sprechwissenschaft mit ihren Teilgebieten Phonetik, Rhetorik, Sprechkunst, Sprechbildung und Klinische Sprechwissenschaft die Leitinstitution für Sprechwissenschaft im gesamten deutschsprachigen Raum ist. Es ist die älteste Einrichtung für Sprechwissenschaft in Deutschland, die Anfänge gehen auf das Jahr 1905 zurück.

Hans Krech, Eva-Maria Krechs viel zu früh verstorbener Mann, erreichte 1952 die Einrichtung des Diplomstudienganges „Germanistik in Verbindung mit der Ausbildung in Sprechkunde“ und 1956 die Einrichtung des Diplomstudiengangs „Sprechwissenschaft“, es folgten Magister- sowie Bachelor- und Master-Studiengänge. Eva-Maria Krech gehörte zu den ersten Studierenden des Faches in Halle: Von 1951 bis 1955 studierte sie Germanistik und Sprechwissenschaft.

Ihr wissenschaftlicher Lebensweg war von Beginn an geprägt durch Zielstrebigkeit und Fleiß, Disziplin und Kreativität. Von 1955 bis 1956 war sie Dozentin für Sprecherziehung am Konservatorium Halle. 1964 wurde sie mit der Dissertation „Zum gegenwärtigen Gebrauch des Glottisschlageinsatzes in der allgemeinen deutschen Hochlautung“ promoviert, ab 1971 arbeitete sie als Dozentin für Sprechwissenschaft. 1979 legte sie eine Habilitationsschrift mit dem Titel „Sprechwissenschaftliche Beiträge zur Theorie der sprechkünstlerischen Kommunikation“ vor.

Seit den 1970er Jahren engagierte sich Eva-Maria Krech für die fachliche Weiterbildung der Absolventinnen und Absolventen. So leitete sie den zweimal jährlich zusammentretenden Arbeitskreis Sprechkunst. Ein wichtiges Anliegen war ihr auch die Unterrichtung von externen Gasthörerinnen und -hörern, vorwiegend aus pädagogischen Einrichtungen sowie Rundfunk, Fernsehen und Schauspiel. Anfang der 1980er Jahre konzipierte und leitete sie ein Postgradualstudium Sprechwissenschaft.

1990, nach dem Fall der Mauer, erfolgte die Ernennung zur außerordentlichen Professorin für Sprechwissenschaft / Vortragskunst. 1992 wurde sie dann zur ordentlichen Professorin für Sprechwissenschaft berufen.

Von 1976 bis 1981 und von 1993 bis 1998 leitete sie das Institut für Sprechwissenschaft und Phonetik. Daneben war sie auch Prodekanin des Fachbereichs Musik-, Sport- und Sprechwissenschaft, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung und Vizepräsidentin der Internationalen Gesellschaft für Phonetische Wissenschaften.

Fachlich bekannt geworden ist Eva-Maria Krech vor allem durch ihre theoretischen und empirischen Beiträge zur Orthoepieforschung. So war sie maßgeblich an der Erarbeitung der halleschen Aussprachewörterbücher beteiligt: als Mitherausgeberin des „Wörterbuchs der deutschen Aussprache“ im Jahr 1964 und des „Großen Wörterbuchs der deutschen Aussprache“ im Jahr 1982 sowie 2009 als Mitautorin des „Deutschen Aussprachewörterbuchs“. Darüber hinaus beteiligte sie sich intensiv am Projekt Sprechwirkungsforschung. Ein besonderes Anliegen war ihr immer die sprechkünstlerische Kommunikation („Vortragskunst“), sie war intensiv darum bemüht, die Auffassungen von Hans Krech zur Sprechkunst weiterzuentwickeln. 1994 war sie Mitbegründerin der Reihe „Hallesche Schriften zur Sprechwissenschaft und Phonetik“, später „Schriften zur Sprechwissenschaft und Phonetik“, hier hat sie 2011, 2012 und 2013 die Schriften von Hans Krech in drei Bänden neu herausgegeben.

Eva-Maria Krech war konsequent und unermüdlich darin, die hallesche Sprechwissenschaft in allen ihren Teilbereichen zu stärken, weiterzuentwickeln und eine innerfachliche Hierarchisierung zu vermeiden. Durch ihr wissenschaftliches, pädagogisches und publizistisches Engagement hat sie wesentlich dazu beigetragen, die Sprechwissenschaft nicht nur im akademischen Fächerkanon der Martin-Luther-Universität zu profilieren und auszubauen. Mit ihren Untersuchungen und Publikationen zu verschiedenen sprechwissenschaftlichen Schwerpunktthemen hat sie dem Fach über Jahrzehnte hinweg wesentliche Impulse gegeben.

Die Entwicklung der halleschen Sprechwissenschaft war ihr nicht nur wissenschaftliche Herausforderung, sondern auch Herzensangelegenheit. Diese persönliche Identifikation mit der Sprechwissenschaft hat die unverwechselbare Kontur ihres Fachverständnisses geschaffen.

Wir, die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung für Sprechwissenschaft und Phonetik, werden ihr Ansehen in ehrendem Gedenken bewahren.

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Prof. Dr. Susanne Voigt-Zimmermann hat selbst an der MLU Sprechwissenschaft und bei Eva-Maria Krech studiert. Seit 2017 hat sie die Professur für Sprechwissenschaft an der Universität inne. Von 2018 bis 2022 war sie Sprecherin der Abteilung Sprechwissenschaft und Phonetik und 2020 bis 2022 Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Musik, Medien- und Sprechwissenschaften (IMMS). Seit September 2022 ist sie Dekanin der Philosophischen Fakultät II.

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