Von innovativen Lehrprojekten und gesellschaftlichen Herausforderungen

31.05.2024 von Katrin Löwe und Tom Leonhardt in Campus, Studium und Lehre
Mit einem abwechslungsreichen Programm und viel Raum für Diskussionen hat die MLU den Tag der Lehre 2024 begangen. Die Veranstaltung stand unter dem Thema „Universitäre Lehre in Zeiten gesellschaftlicher Herausforderungen“. Neben Keynotes und Workshops stand eine Podiumsdiskussion zum Fachkräftemangel auf dem Programm. Erstmals wurde in diesem Jahr auch der Profillinienlehrpreis der MLU vergeben.
Prorektor Pabo Pirnay-Dummer (zweiter v.l.) übergibt die Lehrpreise an: Steffen Schiele, Kai Lorenz und Thomas Thurn-Albrecht (von links)
Prorektor Pabo Pirnay-Dummer (zweiter v.l.) übergibt die Lehrpreise an: Steffen Schiele, Kai Lorenz und Thomas Thurn-Albrecht (von links) (Foto: Markus Scholz)

Eröffnet wurde der Tag der Lehre vom Prorektor für Studium und Lehre der MLU Prof. Dr. Pablo Pirnay-Dummer. Er umriss in seiner kurzen Rede das Programm und das Ziel des Tags der Lehre: über Fachgrenzen hinweg zu Themen der Lehre, überfachlichen Kompetenzen und mehr ins Gespräch zu kommen und sich zu vernetzen. Der Tag der Lehre solle dabei als Diskussions- und auch Innovationsanlass dienen.

Anschließend übergab Pirnay-Dummer die Lehrpreise der MLU. Zum ersten Mal verliehen wurde der Profillinienlehrpreis, mit dem herausragende interdisziplinäre, profillinienstützende Lehrveranstaltungen, ein Modul oder ein Lehrkonzept gewürdigt werden sollen. Ausgezeichnet wurde eine fakultätsübergreifende Seminarkooperation von Dr. Kai Lorenz (Philosophische Fakultät II, Germanistisches Institut) und Dr. Astrid Henning-Mohr (Philosophische Fakultät III, Institut für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik). Im Zentrum stand dabei Kinder- und Jugendliteratur mit dem Schwerpunkt Mittelalter. Bachelor- und Lehramtsstudierende hatten die Möglichkeit, die Lehrveranstaltungen „Schätze, Träume, Unbekanntes – Sehnsuchtsorte der mittelalterlichen Literatur“ und „Auf der Suche nach dem Gral – Das Mittelalter im Kinderbuch“ zu besuchen und ganz unterschiedliche fachliche Zugänge zu einem Thema zu diskutieren.

Ebenfalls verliehen wurde der Lehrpreis @ward. In der Kategorie „Multimedial gestützte Lehrveranstaltungen“ ging der Preis an den Polymerphysiker Prof. Dr. Thomas Thurn-Albrecht für seine mediengestützte Vorlesung „Experimentalphysik II“.  In der Vorlesung werden die grundlegenden Kenntnisse der Thermodynamik und der klassischen Elektrodynamik mit einer besonderen Mischung aus klassischen Tafelbildern und digitalen Präsentationen vermittelt und mit speziell aufbereiteten Aufgaben vertieft. In der Preiskategorie „Projekte in der Konzeptionsphase“ wurde Steffen Schiele vom Institut für Informatik für sein Konzept „Programmierung für Hörer aller Fakultäten“ ausgezeichnet. Ziel ist es, Studierenden aller Fachbereiche grundlegende Programmierfähigkeiten zu vermitteln. Für die Lehrveranstaltung sollen zum Beispiel Vorlesungen durch Präsenz-Übungsphasen ersetzt und Programmieraufgaben in der eigens hergestellten Entwicklungsumgebung „YAPEX“ absolviert werden.

Transformation und Benotung

An die Preisvergaben schlossen sich die beiden Keynote-Vorträge von Prof. Dr. Roger Gläser und Prof. Dr. Rüdiger Horstkorte an. Roger Gläser ist Prorektor für Talentwicklung: Studium und Lehre an der Universität Leipzig. Sein Vortrag stand unter dem Titel „Die transformative Hochschule“ und entwickelte vom Wertewandel über die Kompetenzentwicklung bis hin zu didaktischen Ansätzen einen Fahrplan für ein neues Verständnis von universitärer Lehre und speziell überfachlichen Kompetenzen. Diese sollten neben Fach- und Methodenwissen ebenfalls elementar für die Ausbildung von Studierenden sein, so Gläser. Um zu verstehen, welche das sein könnten, brauche es eine „unmittelbare Kooperation über Disziplinen hinweg“, so der Chemiker. Er berichtete zudem von einem Projekt, das im Verbund der sächsischen Hochschulen betrieben wird und Innovationen in der digitalen Lehre sowie deren Umsetzung fördert.

Eine ganz andere Perspektive eröffnete Prof. Dr. Rüdiger Horstkorte, Studiendekan der Medizinischen Fakultät der MLU. Nach einem kurzweiligen Vergleich der Situation der MLU heute mit der Wittenberger Leucorea in ihrem Gründungsjahr 1502 konzentrierte sich der Großteil seines Vortrags auf das Thema „Chancengleichheit und Benotung“. Am Beispiel des Studiums der Humanmedizin und der Bewertung von Promotionsarbeiten stellte der Biologe etwa das regelmäßige und für alle zeitaufwändige Prüfen mit Noten infrage: „Eine Promotion ist eine Qualifikation für wissenschaftliches Arbeiten, ähnlich wie es der Führerschein für das Fahren ist. Und beim Führerschein würde niemand auf die Idee kommen, diesen mit sehr gut oder schlecht zu bewerten.“ Horstkorte selbst wurde 1993 an der ETH Zürich promoviert, ohne Note, wie es außerhalb Deutschlands üblich ist.

Wie gewinnt man Studierende?

Die von der Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Susanne Vollberg moderierte Abschlussdebatte des Tages stand unter dem Titel „Fachkräftemangel: Gezielt gemeinsam agieren. Grenzen, Schwierigkeiten, Möglichkeiten und Potentiale in Studium und Lehre an der MLU“. Wie gewinnt man geeignete Studierende? Wie gelingt es, sie erfolgreich zum Abschluss zu führen und im Land zu halten? Das waren einige der Fragen, zu denen Rektorin Prof. Dr. Claudia Becker, der Physiker und Dekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät II Prof. Dr. Georg Schmidt, der Jurist Prof. Dr. Henning Rosenau, der Psychologe Prof. Dr. Dr. Ronny Redlich, der stellvertretende Direktor des Zentrums für Lehrer*innenbildung Dr. Nico Elste und Dr. Michael Lehmann vom Wissenschaftsministerium Sachsen-Anhalt debattierten. Klar wurde, dass es ganz unterschiedliche Ansätze gibt: Henning Rosenau sprach unter anderem von Willkommenskultur und guter Betreuung für Studierende, die in seinem Bereich durch ein Mentoren-Programm für Erstsemester umgesetzt werden. Nico Elste nannte angesichts des Lehrermangels auch die Ansprache neuer Adressatengruppen – konkret das Seiteneinstiegsprogramm oder den gerade neu geschaffenen Quereinstiegsmaster „Lehramt Kunst“. Und Georg Schmidt fokussierte auf die frühe Arbeit an Schulen, um potenzielle Studierende zu begeistern. Es gebe an der MLU viele Angebote: drei Schülerlabore, die Kinderuni, den Zukunftstag – in jedem Falle müssten dabei die Schüler aber an die Uni kommen. Schmidt warb für den umgekehrten Weg – Forschende in Schulen zu schicken.

Die Universität insgesamt konkurriere bei der Suche nach klugen Köpfen mit allen anderen, sagte Rektorin Becker. Ob bei Studierenden, bei wissenschaftlichem oder wissenschaftsunterstützendem Personal. Das bedeute mitunter auch, Kompromisse zu finden, wenn es um die Wünsche potenzieller Beschäftigter gehe. Und: Die MLU sei auch selbst ein Ausbildungsbetrieb, müsse dann aber echte berufliche Laufbahnen mit Aufstiegsmöglichkeiten bieten.

Der Fachkräftemangel bringt aber auch Potenziale mit sich. „Wenn es knallt, ist Raum für Innovation“, sagte Elste und lieferte dem Prorektor für Studium und Lehre Prof. Dr. Pablo Pirnay-Dummer damit einen passenden Übergang für eine Art Schlusswort: Er habe an diesem Tag der Lehre viel Kostbares und Innovationswillen erlebt – längst nicht mehr nur, um „Brände zu löschen“. Auch insgesamt erlebe er an der MLU eine „Transformationsstimmung, die nicht quälend ist“.

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