Pflanzen gegen Viren stärken
„Wir haben gerade noch die Unterkunft für unsere Gäste geklärt - dabei hat uns das International Office der Uni hervorragend helfen können“, berichtet Sven-Erik Behrens vom Institut für Biochemie und Biotechnologie. Er koordiniert das BRAVE-Projekt an der MLU. Die indischen Gastwissenschaftler werden nicht nur bei ihm, sondern auch in anderen Arbeitsgruppen in den Pflanzenwissenschaften sowie am Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie forschen.
Insgesamt 100 Studenten aus Indien, vermittelt durch Kooperationspartner aus fünf indischen Universitäten, erhalten im Zuge ihres Master-, Doktor und Post-Doktoranden-Studiums die einmalige Möglichkeit, in die Labore der europäischen Wissenschaftler zu kommen, dort zu studieren und zu forschen. Die Universität Halle ist dabei der einzige deutsche Partner im Brave-Projekt, das im Rahmen des europäischen Kooperations- und Mobilitätsprogramms Erasmus-Mundus läuft. Insgesamt stehen bis 2017 drei Millionen Euro zur Verfügung, um den indischen Studenten und Wissenschaftlern die Reise und den Aufenthalt in den Ländern zu finanzieren.
Wie schon der Projekttitel „Breeding for plant resistance to viruses“ (Brave) verrät, geht es um die Abwehrmechanismen der Pflanze gegen Pathogene, wobei Pflanzenviren zu den wichtigsten Pathogenen gehören. Behrens erklärt, warum man gerade mit Indien kooperiert. 17 Prozent der Weltbevölkerung lebt in diesem Land, doch der Subkontinent macht nur rund vier Prozent der Erdfläche aus. Folglich seien die Herausforderungen für die Agrarwirtschaft immens. Ohne neues Know-how könne Indien die Versorgung seiner Bevölkerung mit Lebensmitteln auf Dauer nicht gewährleisten. Ein Puzzlestein zur Meisterung dieser Aufgabe ist es, Nutzpflanzen für die Agrarwirtschaft zu entwickeln, die resistenter gegen Viren sind.
„Wir beschäftigen uns mit einem Modellvirus, dem ,Tomato bushy stunt virus‘, das viele Nutzpflanzen infizieren kann“, so Behrens. Die Fragestellung lautet: „Wie funktioniert die Abwehr der Pflanze und wie kann man sie stärken? Wir haben dazu eine Technik entwickelt, die es erlaubt, sowohl die Vermehrung des Virus, als auch wichtige Teile der antiviralen Immunantwort der Pflanze im Reagenzglas nachzustellen.“ Damit könne man Nukleinsäuremoleküle identifizieren, die besonders effektiv antiviral wirksam sind.
Diese ‚kleinen interferierenden‘ Ribonukleinsäuren werden durch die Pflanzenabwehr aus dem Genom der Viren selbst hergestellt und wirken dann gegen das Virus. Allerdings sind nur wenige dieser Moleküle wirklich funktionell. Aus der Kenntnis besonders wirksamer interferierender Ribonukleinsäuren könnten entsprechend virusresistentere Pflanzen entstehen. Doch wie nimmt man darauf Einfluss? Die Kultivierung gentechnisch veränderter Pflanzen ist in der EU verboten. „Jeder versteht, dass es ein äußerst wichtiges Anliegen ist, virusresistentere Pflanzen zu generieren – auch in Europa. Mit unseren europäischen und indischen Kollegen versuchen wir dies auch ohne genmanipulierte Pflanzen zu schaffen. Das ist allerdings eine enorme Herausforderung.“
Das Projekt im Internet: http://brave.aua.gr/index.php