Jurist im Filmrausch
Konservativer Anzugträger mit Hang zum Erstwohnsitz in der Bibliothek: Mit den Klischees von Jurastudenten hat Vinzenz Sacher nicht viel gemein. Der 22-Jährige schreibt in seiner Freizeit lieber Drehbücher, führt Regie und schneidet die gedrehten Szenen später zusammen. Und das bereits seit acht Jahren. Mit der kleinen Handkamera – ein Geschenk seines Vaters zur Jugendweihe – entstanden zunächst Urlaubs- und Kurzfilme und schließlich die ersten Spielfilme. Nach Ausflügen ins Action- und Horrorgenre folgt nun der 70-Minüter „Tunnelblick“, in dem die filigrane Psyche eines Menschen im Mittelpunkt steht.
Es geht um Max. Seitdem er aus dem Koma erwacht ist, steht er vor Gericht. Doch fehlen ihm die Erinnerungen an eine Tat, die er begangen haben soll. „Eigentlich darf ich nicht zu viel verraten, das würde den Film kaputt machen. Auch wenn ich Jura studiere, ist Tunnelblick kein juristischer Film, vielmehr ein künstlerischer“, erklärt Sacher. Ein Tunnel in Halle/ Silberhöhe und der Beginn des Studiums an der MLU brachten dem jungen Chemnitzer im Herbst 2010 die Idee zum Film. „Meist gibt es da diesen einen Moment, eine coole Szene die ich erlebe und darum konstruiere ich dann einen Film. Hier ist das zentrale Element der Tunnel.“
Das Drehbuch schrieb Sacher anschließend. „Das ist eigentlich der schwierigste Teil. Da lastet immer ein enormer Druck auf meinen Schultern, schließlich muss man die Spannungskurve aufrechterhalten und Charaktere entwickeln. Fachliche Unterstützung hab ich mir bei juristischen und psychologischen Fragen geholt“, erklärt der Student. Die Hauptdreharbeiten dauerten dank professionellen Schauspielern und schauspielerisch begabten Freunden nur rund drei Wochen. Schwieriger war es geeignete Locations zu bekommen. „Versuch mal den Verantwortlichen in einem Krankenhaus oder einem Gericht verständlich zu machen, dass ihr unbedingt hier drehen müsst und nicht dafür zahlen könnt.“
Nicht die einzigen Dinge, die man beim Filmemachen beachten muss. „Wenn wir den Film öffentlich aufführen wollen, ihn vertreiben wollen, dann dürfen wir keine lizenzierte Musik benutzen“, erklärt Sacher. Ein eigener Soundtrack musste her. Musikkünstler Paul Marx komponierte also Charakterthemes, situationsabhängige Tracks und schaffte so ein unverwechselbares Stück „Tunnelblick“-Musik.
Wie man 70 Minuten Film, professionelle Schauspieler und einen eigenen Soundtrack finanziert? Gute Freunde, ein ausgebautes Netzwerk und ein bisschen Eigenkapital. Am 20. November um 20.15 Uhr feiert „Tunnelblick“ nun Premiere im Audimax der Uni. „Der Fachschaftsrat Jura hat die Organisation dafür übernommen, Flyer und Poster gedruckt“, erzählt der 22-Jährige, der zur Premiere mit seinem Team Rede und Antwort stehen wird. Der Eintritt ist kostenlos, eine kleine Spende für den Filmemacher gern gesehen. Im Anschluss können zudem die DVD und der Soundtrack erworben werden.