Erinnerung an den Freiheitsgewinn: Das Potenzial von 1989
Wie blicken wir heute auf die Friedliche Revolution? Wie historisch bedeutend war, was 1989/90 passiert ist? Und war das, was passiert ist, gut oder schlecht? Mit diesen Fragen – regelmäßig diskutiert in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft – befasste sich im vergangenen Jahr die Ringvorlesung „Geschichtszeichen der Freiheit“. Organisiert von den Theologen Prof. Dr. Constantin Plaul (inzwischen Universität Regensburg) und Dr. Karl Tetzlaff (Stiftung Leucorea) war sie ein Beitrag der MLU anlässlich des 35. Jahrestags des Mauerfalls – und zum in Halle entstehenden Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation. Der nun im Verlag Mohr Siebeck erschienene Band – verfügbar als Open-Access-Publikation und als Printprodukt – dokumentiert die unterschiedlichen Beiträge der Ringvorlesung.
Problematische Entwicklungen seit 1989 müssten kritisch diskutiert werden, betonen die Herausgeber des Bandes – und verweisen zugleich darauf, dass genau diese kritische Diskussion durch die damals errungene Freiheit möglich sei. „Und vielleicht kann auch unsere Gegenwart, die gerade in gesellschaftlicher und politischer Hinsicht vielerorts durch Resignation und Hoffnungslosigkeit geprägt ist, in der Erinnerung an den Freiheitsgewinn vor 35 Jahren, die auch die folgenden Beiträge durchzieht, berechtigte Stärkung finden“, heißt es im Vorwort von Plaul und Tetzlaff.
Der Band lehnt sich auch vom Aufbau an die Ringvorlesung aus dem Sommersemester 2024 an: Er beginnt mit dem Beitrag von Alt-Bundespräsident Joachim Gauck, der unter dem Titel „1989/90: Freiheit erringen, Freiheit gestalten“ auf Zeiten von Unfreiheit, Gehorsam und Anpassung in der DDR zurückblickt, auf die Sehnsucht nach Freiheit und deren Erringen 1989. Der aber auch die schwierige Aufgabe betrachtet, Freiheit zu gestalten. Gaucks Eröffnungsrede folgen Beiträge zu geschichtsphilosophischen, ethischen und theologischen Grundlagen des Themas. Im mittleren Teil sind unterschiedliche Perspektiven auf die Ereignisse des Jahres 1989 zu finden, während die abschließenden Beiträge den Blick in die Gegenwart und nach Osten richten, zum Beispiel auf den Maidan, die Revolution 2013/2014 in der Ukraine.
Die Ringvorlesung und der nun erschienene Band bilden die Grundlage für weitere Forschungsprojekte, die unter dem Titel „Geschichtszeichen der Freiheit. Das produktive Potenzial der Friedlichen Revolution“ an der Stiftung Leucorea in Wittenberg laufen. Dabei soll auch das Potenzial früherer revolutionärer Umbrüche in den Blick genommen werden. Ein erstes Resultat dieser Forschung ist bereits als Zusatz im Buch enthalten: Der Beitrag befasst sich mit der begriffsgeschichtlichen Entwicklung des Terminus „Geschichtszeichen“, den Immanuel Kant für die Französische Revolution prägte.
Constantin Plaul und Karl Tetzlaff (Hg.): Geschichtszeichen der Freiheit. Deutungen der Friedlichen Revolution in der Gegenwart. Tübingen 2025, 362 Seiten, online Open Access, Print 24 Euro, ISBN: 978-3-16-163773-5
Terminhinweis: Das Buch wird am 23. September bei einer Veranstaltung mit der Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Aleida Assmann in der Leucorea in Wittenberg öffentlich vorgestellt.
Weitere Neuerscheinungen
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- Harald Kegler: Eine Vision für Mitteldeutschland. Aufbruch der Landesplanung 1925–1932: Der mitteldeutsche Industriebezirk um Halle, Magdeburg, Leipzig, Erfurt. Halle 2025, 272 Seiten, 50 Euro, ISBN: 978-3-96311-989-7
- Hans-Joachim Kertscher: »Er brachte Licht und Ordnung in die Welt«. Christian Wolff – eine Biographie. Halle 2025, 320 Seiten, 28 Euro, ISBN: 978-3-68948-030-1
- Winfried Kluth: Fairness und Achtung in der Migrationspolitik. Zur Bedeutung der Menschenrechte für Migration und Integration. Halle 2025, 221 Seiten, 22,80 Euro, ISBN: 978-3-86977-261-5
- Andreas Lau/Dirk Schaal: Schneller. Höher. Stärker 100 Jahre Sportwissenschaft in Halle. Halle 2025, 70 Seiten, 16 Euro, ISBN: 978-3-68948-049-3
- Lena Leffer: Automated Suspicion Algorithms. Strafverfolgung durch Künstliche Intelligenz am Beispiel der Geldwäsche. Baden-Baden 2025, 308 Seiten, Online Open Access, 104 Euro, ISBN: 978-3-7560-2408-7
- Stephan Mescher: Überblickswissen Mathematik - Ein Crashkurs für Studierende anderer Fächer. Heidelberg 2025, 179 Seiten, 29,90 Euro, ISBN: 978-3-662-70897-2
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- Regina Radlbeck-Ossmann: Krankheit als Strafe? Eine nicht nur theologisch motivierte Kritik. Halle 2025, 24 Seiten, 6,80 Euro, ISBN: 978-3-86977-293-6
- Dirk Schaal/Katrin Schlund (Hg.): Vuk Stefanović Karadžić. Wanderjahre in Mitteldeutschland. Halle 2025, 48 Seiten, 16 Euro, ISBN: 978-3-68948-018-9
- Kerstin Völkl, Michael Jankowski (Hrsg.): Gemeinderatswahlen im deutschen Mehrebenensystem. Wählerverhalten und politische Einstellungen auf kommunaler Ebene. Wiesbaden 2025, 304 Seiten, 79,99 Euro, ISBN: 978-3-658-47547-5
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- Franziska Wyßuwa: Thematisierung von Erfahrung in der Erwachsenenbildung. Eine rekonstruktive Studie zur Interaktion in Bildungsveranstaltungen. Leverkusen 2025, 370 Seiten, online Open Access, Print 78 Euro, ISBN: 978-3-8474-3112-1