Gastprofessorin aus Tansania: „Sie ist eine Autorität vor Ort“
Ester Innocent gehört zu den führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Traditionellen Medizin. Ihr Spezialgebiet ist die Suche nach neuen Wirkstoffen in Pflanzen, die von traditionellen Heilern in Afrika eingesetzt werden. „Im Labor versuchen wir, Extrakte von den Substanzen anzufertigen und analysieren diese“, erklärt die Wissenschaftlerin, die im Rahmen einer strategischen Gastprofessur der MLU aktuell in Halle arbeitet. Sie ist hier auf Einladung des Pharmazeuten Prof. Dr. Peter Imming. Gemeinsam mit ihr und weiteren Kollegen aus Deutschland, Tansania, Botswana und Äthiopien leitet er das Forschungsprojekt „Tri-Sustain“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 800.000 Euro gefördert wird.
Ziel des Verbunds ist es, medizinisch genutzte Heilpflanzen aus Afrika zu untersuchen und wissenschaftlich zu begründen, welche Inhaltsstoffe für die Wirkung der jeweiligen Heilpflanzen verantwortlich sind. Gleichzeitig geht es dem Team darum, mögliche neue Hilfsstoffe zu identifizieren, die die Wirksamkeit von Arzneien verstärken können. Deshalb hat Innocent einige Pflanzenproben aus Tansania mitgebracht. „An der Universität Halle gibt es zum Teil bessere Instrumente für unsere Forschung“, sagt sie und verweist auch auf das hiesige Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) mit seinen sehr gut ausgestatteten Laboren. Das IPB ist einer der zahlreichen Projektpartner in dem internationalen Forschungsverbund. In Halle hat die erfahrene Forscherin während ihres Gastaufenthalts auch Lehrveranstaltungen zu traditioneller Pflanzenmedizin angeboten.
Ausschlagend für den Erfolg des Projekts ist auch ein guter Kontakt zu den Heilern vor Ort. Diese seien anfangs etwas skeptisch gewesen, ihr über viele Jahre und Jahrzehnte erworbenes Wissen mit den Forscherinnen und Forschern zu teilen, berichtet Innocent. Erst nach einigen Gesprächen konnten die Bedenken abgebaut werden – nicht immer hatten die Heiler in der Vergangenheit positive Erfahrungen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Europa gemacht. „Ester Innocent ist für diese Themen eine Autorität in ihrem Land. Das Institut für Traditionelle Medizin ist eine hoch angesehene Institution“, sagt Peter Imming. Das habe auch dem Projekt von Anfang an sehr geholfen. Außerdem: „Die Heiler sind zwar nicht so sehr an unserer Forschung und den Methoden interessiert. Für sie spielen unsere Ergebnisse aber eine große Rolle“, sagt Innocent. Denn: In Tansania müssen Heiler ihre Pflanzen und Wirkstoffe registrieren lassen, bevor sie sie einsetzen dürfen. Deshalb ist es auch für Heiler vor Ort gut zu wissen, welche Pflanzen sich bei welchen Krankheiten zur Behandlung eignen – und welche sie dann künftig weiter anbauen sollten.
Weitere Schwerpunkte von „Tri-Sustain“ sind zudem die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Afrika und die Vernetzung der Partnereinrichtungen untereinander. Im November findet der nächste Workshop in Botswana statt, bei dem sich 30 Forscherinnen und Forscher treffen und über ihre Projekte austauschen. „Dieser Austausch ist sehr wichtig“, sagt Ester Innocent. „Die Krankheiten, die wir untersuchen, sind in vielen afrikanischen Ländern verbreitet. Das Problem ist nicht an Ländergrenzen gebunden.“