„Ferienjob“ im Hohen Norden
Über mir der Rotor des Helikopters, vor mir die weite, unverbrauchte und raue Landschaft von Grönland. Ole, unser Pilot, gibt ein kurzes „Okay“ und ich springe aus dem gelandeten Hubschrauber der grad einen „Hot Drop“ (Entladen bei laufendem Motor) durchführt. Ich greife schnell die Ausrüstung, positioniere mich in einigen Metern Abstand und gebe dem Pilot einen Daumen hoch zum „take off“. Für die nächsten fünf Wochen bin ich nun acht Stunden täglich in der Wildnis auf mich allein gestellt unterwegs. Meine Aufgabe: Sedimentproben entnehmen, geologische Auffälligkeiten dokumentieren und Messungen zum Erfassen chemischer Elemente durchführen.
Als Masterstudent vom Studiengang Angewandte Geowissenschaften ist für mich vor allem die Feldarbeit ein spannender und herausfordernder Aspekt. Durch Prof. Dr. Gregor Borg vom Fachbereich Petrologie und Lagerstättenkunde des Instituts für Geowissenschaften und Geographie kam ich in Kontakt mit der dänischen Firma „Avannaa“, welche in Grönland Rohstoffe erforscht. Für die Sommersaison sollte ich Teil des zehnköpfigen internationalen Teams im zentralen Ostgrönland sein.
Die Anreise fand in Kleinflugzeug und im Helikopter statt. Auch beim Auf- und Abbau des Camps musste natürlich mitgeholfen werden. Übernachtet wurde in kleinen Zelten. Versorgungs-, Office- und Küchenzelt waren relativ groß und boten einfache Annehmlichkeiten. Geduscht wurde klassisch mit einem Eimer Wasser und einer Tasse als Schöpfkelle – wenigstens konnte man manchmal das Wasser auf dem Herd erhitzen.
Direkt an einem eisbedeckten Fjord gelegen, hatte ich nach dem Aufstehen wohl die beste Aussicht meines Lebens. Die Nächte waren aufgrund der Mitternachtssonne zum Anfang sehr hell und auch die Tage mit 25°C in der Sonne, für grönländische Verhältnisse, sehr heiß. Erst gegen Ende der Saison wurde es in der Nacht dunkel, und die Temperaturen unterschritten den Gefrierpunkt. In einem Schnee bedeckten Zelt erwachen war definitiv ein Erlebnis.
Neben den vielen Moschusochsen, welche die Ebenen der Umgebung durchstreiften, konnte man auch Vögel und Robben beobachten. Das Highlight des Trips war jedoch eindeutig unser „bear encounter“. Kurz vor dem Abendessen stand plötzlich ein Eisbär vor dem Küchenzelt, wohl durch die leckeren Gerüche angelockt. Nun war schnelle Reaktion gefragt. Nach der Ladehemmung des Gewehrs eines Kollegen wurde der Bär mit Knallmunition aus der Signalpistole davon gejagt. Glück für alle Beteiligten war, dass der Eisbär reagierte wie er sollte: neugierig aber scheu. Bereits zuvor war jedes Teammitglied verpflichtet worden, einen Revolver zur persönlichen Verteidigung im Notfall zu tragen. Glücklicherweise mussten wir die aber nicht einsetzen.
Insgesamt war es ein fantastisches und interessantes, aber auch sehr anstrengendes Erlebnis. Nach 5 Wochen sehnte ich mich nach einem normalen Bett und einer heißen Dusche. Jedem Studenten kann ich nur empfehlen: Wenn sich solche Chancen bieten, zögert nicht lang und greift zu!