„Das ist eine enorme kreative Leistung der Lehrkräfte“
„Ich muss zugeben, ich hatte vorher Bedenken“, sagt Melanie Grießer. Bisher habe das LLZ Lehrkräfte für einzelne Projekte, die sie multimedial realisieren wollten, sehr tatkräftig individuell unterstützen können. Jetzt, da alle in der Universität auf digitale Lehre umstellen müssen, sei das nicht mehr zu leisten. Stattdessen hat das LLZ kurzfristig ein Onlineportal aufgesetzt, in dem verfügbare Formate und Möglichkeiten der digitalen Lehre beschrieben und erklärt werden. „Viele kämpfen sich da selber durch und kriegen das erstaunlich gut hin“, sagt Grießer. Fragen kämen jetzt weniger zu konzeptionell-planerischen, sondern eher zu konkreten technischen Problemen. Ihre Sorgen seien unbegründet gewesen.
Bereits jetzt sind laut LLZ 75 bis 80 Prozent der Lehrveranstaltungen digital verfügbar. So stehen seit Semesterstart beispielsweise 1.808 Einzelvideos innerhalb von 465 Videoserien zur Verfügung, überwiegend als Vorlesungen, aber auch zur Unterstützung von Seminaren und Übungen. Allein in dieser Woche sind 550 Videos hinzugekommen, die zum größten Teil von den Lehrenden selbst aufgezeichnet werden und zu einem kleineren Teil in leeren Hörsälen. Hinzu kommen zahlreiche Angebote bei Stud.IP und der Lernplattform ILIAS. Allein bei letzterer ist die Anzahl der Kurse von 2.800 im Februar auf aktuell 3.615 gestiegen, ein Plus von 800. Hinzu kommen diverse Angebote, die das LLZ nicht zählen kann, etwa Seminare, die per Videokonferenz stattfinden.
Melanie Grießer ist seit 2016 im LLZ. Sie sei schon immer sehr webaffin gewesen, brachte sich selbst HTML und CSS bei, erzählt sie. An der Uni Halle hat sie Medien- und Kommunikationswissenschaften studiert. Ein erstes multimediales Lehrformat, eine Internetseite zum Zeitungslayout, baute sie während des Studiums für ein Tutorium, als es das LLZ noch gar nicht gab. Im LLZ könne sie nun ihren „Hang zum Nerdsein“ richtig ausleben, so die 36-Jährige. Sie betreut hier vor allem die Geisteswissenschaften bei der Umsetzung digitaler Formate – die eigentlich als Ergänzung zur Präsenzlehre gedacht waren. „Alles online zu machen, war nie das Ziel, dafür läuft es sehr gut.“
Bisher sei die Digitalisierung in verschiedenen Fakultäten und Instituten sehr unterschiedlich weit fortgeschritten. Mit manchen habe sie bereits viel Kontakt gehabt, mit anderen gar keinen. „Woran das liegt, weiß ich nicht so genau. Viele sind vielleicht mit ihrem Arbeitsalltag auch so schon genug beschäftigt.“ Es seien bereits einige tolle Projekte realisiert worden, beispielsweise in der Anglistik zum Thema Frauen in der US-Politik, bei dem Studierende eigene Wikis erstellten und Präsenz- und Onlinephasen sich abwechselten. Doch erst jetzt sei das Thema bei allen angekommen. „Wir haben von einigen auch die Rückmeldung bekommen, dass sie es gut finden, sich damit jetzt beschäftigen zu müssen“, sagt Grießer. Sie hätten das bereits vorgehabt, aber sich dann doch nicht die Zeit dafür genommen. „Viele machen jetzt deutlich mehr als Notbetrieb.“ Sie beherzigen auch, was das LLZ von Beginn an empfohlen hat, nicht alle Veranstaltungen einfach als Videokonferenz stattfinden zu lassen. Ebenso wenig würden einfach Pdf-Dateien hochgeladen. Stattdessen beobachten Grießer und ihre beiden Kollegen in der Fachberatung der Geistes- und Sozialwissenschaften viele sehr ambitionierte Formate in der Umsetzung. Die Lehrkräfte würden sich bemühen, die einzelnen Phasen einer Veranstaltung auch online verfügbar zu machen. So werde etwa ein Video oder eine Präsentation mit kollaborativen Aufgaben verknüpft. Studierende könnten dann beispielsweise über den Texteditor "Etherpad" gemeinsam an Dokumenten arbeiten. Anschließend gebe es dann möglicherweise noch einen kleinen Selbsttest, der bei ILIAS erstellt werden kann. Das Ganze ergänzt durch Videokonferenzen oder Austausch in Foren. Wichtig sei es, die Lernenden immer wieder aufzufordern, sich einzubringen. „Das ist eine enorme kreative Leistung der Lehrkräfte“, so Grießer.
Natürlich gebe es auch ab und zu Frust und Beschwerden, sei es aufgrund technischer Probleme oder auch, weil manche Ideen derzeit technisch noch nicht umsetzbar sind. „Wir hoffen aber alle, dass die positiven Sachen hängen bleiben.“ Grießer erlebe die Zusammenarbeit momentan als sehr gut und wertschätzend – sowohl innerhalb des LLZ mit Kolleg*innen aus den anderen Fachberatungen oder denjenigen, die mehr im Hintergrund arbeiten, also auch mit dem IT-Servicezentrum. Kurzfristig wurden dort beispielsweise die Serverkapazitäten für die digitale Lehre enorm ausgebaut. „Was da auf die Beine gestellt wurde in kurzer Zeit, ist sehr beeindruckend“, so Grießer. Und auch von den Lehrkräften käme überwiegend positives Feedback. „Das ist eine Riesen-Herausforderung, aber alle geben ihr Bestes.“ Auch das LLZ arbeitet in diesen Tagen von zu Hause aus, jeden Tag gibt es eine Videokonferenz. Das funktioniere sehr gut, so Grießer. „Wir haben auch vorher schon digitale Kommunikationskanäle genutzt, um uns zwischen den Büros auszutauschen, sodass der Umstieg nicht so schwerfiel.“
Das LLZ will jetzt, da der Bedarf an Erstinformationen zurückgeht, spezifischer auf die verschiedenen Lehrformate eingehen. Am 4. Mai startet ein Webinar, in dem beispielsweise noch einmal näher erklärt wird, wie sich Lerninhalte per Video aufzeichnen lassen oder wie auf Lernplattformen zusammengearbeitet und Wissen abgefragt werden kann. Die Online-Sprechstunde findet natürlich weiterhin montags bis freitags von 13 bis 14 Uhr als öffentliche Videokonferenz statt.
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