„Der Klimawandel ist unbestreitbar menschengemacht“

27.02.2018 von Christopher Hamich in Wissenschaft
Eigentlich ist klar, dass es den Klimawandel gibt und dass der Mensch ihn beeinflusst. Trotzdem wird er von einzelnen Gruppen bestritten – und die internationale Politik ist sich uneins, wie mit den Folgen umzugehen ist. Im Rahmen der Ausstellung „Klimagewalten – Treibende Kraft der Evolution“ im Landesmuseum für Vorgeschichte diskutieren am Mittwoch, 7. März, Vertreter aus Politik und Wissenschaft über den Klimawandel in der politischen Debatte. Dr. Andreas Marx, Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), erläutert im Interview mit „campus halensis“ die Hintergründe.
Das Eis am Nordpol schmilzt durch den Klimawandel immer stärker. Das raubt den Eisbären eine wichtige Lebensgrundlage.
Das Eis am Nordpol schmilzt durch den Klimawandel immer stärker. Das raubt den Eisbären eine wichtige Lebensgrundlage. (Foto: cocoparisienne via pixabay)

In der Ausstellung „Klimagewalten“ im Landesmuseum für Vorgeschichte werden natürliche Klimaschwankungen thematisiert. Was zeichnet solche natürlichen Klimaschwankungen aus?
Andreas Marx: Es gab in der Vergangenheit einen Wechsel von Warm- und Kaltzeiten mit Zyklen von ungefähr 100.000 Jahren, die ohne menschliche Beteiligung abliefen. Als Grund dafür ist die variable Umlaufbahn der Erde um die Sonne zu nennen. Zusammen mit der beständigen Veränderung der Erdachse kam es über mehrere Hunderttausend Jahre zu sehr unterschiedlich verteilter Sonneneinstrahlung auf der Erde. Zudem haben auch die Wanderungsbewegungen der Erdplatten zu Klimaschwankungen geführt. Das ist dann ein Prozess, der über mehrere Millionen Jahre verläuft.

Was unterscheidet diese Veränderungen vom menschengemachten Klimawandel?
Der größte Unterschied sind die Zeitskalen. Während sich die natürlichen Klimaschwankungen über Zehntausende und Millionen Jahre erstrecken, nimmt der Mensch erst seit dem Beginn der Industrialisierung, also seit Mitte des 19. Jahrhunderts, Einfluss auf das Klima.

Wieso können sich Natur und Lebewesen nicht daran anpassen?
Auch hier spielt die Geschwindigkeit der Erwärmung eine große Rolle. Es gab zum Beispiel vor rund 18.000 Jahren eine Eiszeit in Mitteldeutschland. Damals war die Durchschnittstemperatur etwa 4-5 Grad niedriger als heute. Jetzt hat sich, nur am Beispiel Sachsen-Anhalts, das Klima in diesen letzten 150 Jahren um 1,3 Grad erwärmt. Da kann die Natur so schnell nicht überall mithalten.

Dr. Andreas Marx
Dr. Andreas Marx (Foto: André Künzelmann/UFZ)

Der menschengemachte Klimawandel wird von vielen Gruppen bestritten. Ist das auch in der Forschung so?
Nein, gar nicht. Und die Diskussion darüber kann man als Wissenschaftler nur als absurdes Theater bezeichnen. Ich verweise immer gerne auf den Weltklimaausschuss IPCC der Vereinten Nationen. Dieser wurde in den 80er Jahren eingerichtet und hat die Aufgabe, die weltweite wissenschaftliche Klimaforschung auszuwerten. Also: Gibt es einen Klimawandel und, wenn ja, gibt es einen menschlichen Einfluss auf diesen? Im vierten Sachstandsbericht 2007 hat der Ausschuss beide Fragen klar bejaht. Es gibt keinen Zweifel an der Rolle von Treibhausgasen und CO2 – der Klimawandel ist menschengemacht.

Wieso wird der Klimawandel dennoch bestritten?
Es gibt Lobbyeinrichtungen, die ein spezielles Interesse daran haben, das Wissen darüber zu zerstreuen. Da kann man schon sagen, dass sie in so etwas wie einen Meinungskrieg ziehen. Sie versuchen die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Die Wissenschaft ist aber auch in einer schwierigen Rolle. Wissenschaftler reden sehr gerne über die Unsicherheiten in ihrer Forschung - das gehört zum wissenschaftlichen Prozess. In der öffentlichen Wahrnehmung führen solche Aussagen jedoch schnell dazu, dass die gesamte Forschung als „unsicher“ wahrgenommen wird.

In der Diskussion am kommenden Mittwoch geht es speziell um wissenschaftliche Erkenntnisse in der politischen Debatte. Was fehlt Ihrer Meinung nach in der politischen Debatte über den Klimawandel?
Es gibt eine Grundproblematik der Politik in Sachen Klimaschutz: Die Veränderungen produzieren Verlierer. Ein einfaches Beispiel ist die Braunkohle: Die betroffenen Regionen – das sind oftmals gerade wirtschaftlich schwache Regionen - geraten durch den Klimaschutz noch stärker unter Druck. Für die Politik wird damit der Ausstieg schwieriger. Es fehlt an vorausschauender Planung. Eigentlich hätte sich die Politik vor 10 oder 15 Jahren auf ein Ausstiegsdatum aus der Braunkohle einigen müssen. Wer in der Politik heute investieren will, um in 30 oder 40 Jahren einen Effekt zu sehen, der hat es schwer das durchzubringen. Dabei wären feste Zeitpläne sogar für die Wirtschaft von Vorteil. Das Durcheinander ist für jemanden, der in dem Bereich wirtschaftlich tätig ist, eine Katastrophe. Das ist vermeidbar, wenn man sich früh auf Ziele verständigt und dann darauf hinarbeitet, sie in allen Regionen und ohne abrupte gesellschaftliche Umbrüche zu erreichen.

„Klima-Krise-Mensch: Wissenschaftliche Erkenntnisse in der politischen Diskussion“

Die Diskussionsrunde findet auf Einladung des Stadtverbands der Partie „Bündnis 90/Die Grünen“ statt. Neben Andreas Marx diskutieren Landeswirtschaftsministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert und Dr. Frank Steinheimer, Leiter des Zentralmagazins Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Martin-Luther-Universität, auf dem Podium.


Mittwoch, 7. März, 19.30 bis 21.30 Uhr
Hörsaal des Landesmuseums für Vorgeschichte
Richard-Wagner-Straße 9-10
06114 Halle (Saale)

Kategorien

Wissenschaft

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UFZUmweltschutz

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