Lese-Flashmob auf dem Uniplatz: Romanistik wirbt für sich und das Buch

Dass Menschen auf dem Uniplatz ein Buch in der Hand haben, ist per se noch nicht ungewöhnlich. Die Szenerie in der heutigen Mittagsstunde hingegen war es schon. Rund 15 Studierende und Dozierende standen und saßen auf dem Platz verteilt, um mit einer Rose in der Hand laut aus Büchern vorzulesen: Poesie einer argentinischen Künstlerin zum Beispiel, Kurzgeschichten aus Lateinamerika, Auszüge aus dem bekannten Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“ des kolumbianischen Literaturnobelpreisträgers Gabriel García Márquez. Auf der Freitreppe, am Eingang des Melanchthonianums, auf der Wiese neben dem Löwengebäude oder unter einem Baum – überall zogen die Vorleserinnen und Vorleser in ihren grünen Shirts Blicke auf sich. „Das macht Spaß“, urteilte Student Fabio Müller, der abwechselnd mit Maximilian Meyer auf Deutsch und Spanisch las. Die Aktion lenke die Aufmerksamkeit auf das Lesen und die Romanistik. „Zwei Studentinnen haben mir erst zugehört und dann spontan mitgelesen“, sagte Dr. Isabel Exner, Vertretungsprofessorin für Literatur- und Kulturwissenschaft Spaniens und Lateinamerikas.'
Hintergrund der Aktion ist eine Tradition aus Spanien: Am Tag des katalanischen Schutzheiligen Sant Jordi feiert Katalonien den Tag der Liebe und der Literatur. In dessen Mittelpunkt stehen Bücher und Rosen, mit denen sich Freundinnen, Freunde und Liebende gegenseitig beschenken. Die UNESCO hat diese Tradition 1995 offiziell anerkannt und den 23. April zum Welttag des Buches erklärt. Es ist zudem der Todestag von William Shakespeare und Miguel de Cervantes. Eine neu übersetzte Fassung von Cervantes‘ bedeutendstem Werk „Don Quijote“ schenkten zwei der Studierenden im Anschluss an den Flashmob Rektorin Prof. Dr. Claudia Becker. Sie habe sich gefragt, ob eine Rektorin gegen Windmühlen kämpfen müsse und ob deshalb dieses Buch gewählt wurde, sagte Becker mit einem Augenzwinkern. Die Rektorin kündigte an, das Buch in ihre Sommerurlaubslektüre aufzunehmen.
Neben dem Flashmob auf dem Uniplatz fand heute der traditionelle Bücherbasar auf dem Steintor-Campus statt, über Instagram wurde zudem aufgerufen, zum Tag des Buches ein solches zu verschenken. Bereits am Dienstag wurde die Reihe von Veranstaltungen zum 150-jährigen Bestehen des Instituts für Romanistik an der Universität eröffnet. Nach Grußworten von Prorektorin Prof. Dr. Insa Theesfeld und Dekanin Prof. Dr. Susanne Voigt-Zimmermann hielt Prof. Dr. Robert Fajen den Festvortrag mit dem Titel „Romanistik – ein unmögliches Fach“. Der Bereich der romanischen Sprachen, Literaturen und Kulturen sei viel zu groß und komplex, als dass man ihn vollständig beherrschen könne. „Es ist – schon seit den Anfängen der Romanistik im frühen 19. Jahrhundert – unmöglich, ein 'ganzer' Romanist, eine 'ganze' Romanistin zu sein: Es bleibt immer ein unüberbrückbarer Abstand zu dem, womit man sich beschäftigt. Aber genau dieser Abstand macht die Romanistik so interessant und so faszinierend", sagte er. Moderiert wurde der Abend mit rund 100 Gästen von Prof. Dr. Katharina Wieland in mehreren romanischen Sprachen. Die weiteren Veranstaltungen des Jubiläums ziehen sich über das gesamte Sommersemester. Dazu gehören unter anderem Lesungen, Vorträge, eine Ausstellung zum Surrealismus, eine Podiumsdiskussion zum Umbruch nach der Wende und eine Stadtführung zu Orten der Romanistik.