Neu erschienen: Poesie als Herrschaftsmittel

20.10.2025 von Susann Trapp in Wissenschaft, Rezension
In regelmäßigen Abständen wirft „campus halensis“ einen Blick auf die in den vergangenen Monaten neu erschienenen Publikationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität und stellt eine davon ausführlicher vor. Diesmal geht es um das Verhältnis von Literatur und Herrschaft im Fürstentum Anhalt-Dessau während der Aufklärung.
Ein Stapel neu erschienener Bücher
Ein Stapel neu erschienener Bücher (Foto: Leka / stock.adobe.com)

Wie eng Literatur, Politik und Kultur im 18. Jahrhundert miteinander verflochten sein konnten, zeigt der Band „Poesie & Herrschaft – Literaten und Literatur in Dessau-Wörlitz und anderen Residenzen der Aufklärungszeit“. Herausgegeben von Prof. Dr. Daniel Fulda und Dr. des. Christian Eger, erschien er jetzt im Mitteldeutschen Verlag. Die reich bebilderten Beiträge basieren auf der Jahrestagung der Dessau-Wörlitz-Kommission 2023, die den Zusammenhang von Dichtung und Herrschaft erstmals systematisch an verschiedenen Höfen während der Zeit der Aufklärung beleuchtete.

Im Zentrum steht Fürst Leopold Friedrich Franz (1740-1817). Bekannt ist er heute noch als Schöpfer des Gartenreichs Dessau-Wörlitz, seit dem Jahr 2000 Unesco-Weltkulturerbe. Und zu Lebzeiten? Fulda und Eger heben in ihrer Einleitung hervor: „Zum Ruhm des Fürsten trug die literarische und literaturgewerbliche Komponente seiner Herrschaft bereits im 18. Jahrhundert erheblich bei.“ Denn der Fürst suchte in der Literatur Modelle für eine als „mustergültig begriffene monarchische Herrschaft“, so die Autoren. Sein Ideal war eine „gute Poesie“, die der gesellschaftlichen Stabilisierung im fortschrittlichen Sinne dienen sollte – eine Anforderung, die heute wieder verstärkt an Literatur gestellt wird. Gelehrte wie Christoph Martin Wieland, Johann Joachim Winckelmann, Christian Fürchtegott Gellert oder Johann Bernhard Basedow fanden den Weg an seinen aufgeklärten Hof und trugen zum überregionalen Ansehen des Fürstentums Anhalt-Dessau bei. 

Der Sammelband vereint zwölf Beiträge von elf Autorinnen und Autoren. Die Themen reichen von moralischen Leitbildern des Fürsten über seine Beziehungen zur (geliebten) englischen Kultur sowie zur (weniger wichtigen) Religion bis hin zu verschiedenen Perspektiven von Zeitgenossen auf seine Person. Neben Dessau-Wörlitz nimmt der Band vergleichend auch andere Residenzen wie Weimar oder Ballenstedt in den Blick. Darüber hinaus finden sich Beiträge etwa zum Einfluss von Goethes „Wahlverwandtschaften“ auf die Gestaltung des Gartenreiches und zu der Frage, was Literatur im ausgehenden 18. Jahrhundert leisten konnte.

Daniel Fulda lehrt Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der MLU und ist seit 2023 Präsident der International Society for Eighteenth Century Studies, des weltweit größten Fachverbands zur Erforschung der Aufklärung. Christian Eger ist Ressortleiter Kultur der Mitteldeutschen Zeitung in Halle. Seine Dissertation hat er zum Thema „Gute Poesie. Literatur, Kultur und Herrschaft in Dessau-Wörlitz um 1800“ geschrieben und an der MLU eingereicht.

Christian Eger, Daniel Fulda (Hg.): Poesie & Herrschaft. Literaten und Literatur in Dessau-Wörlitz und anderen Residenzen der Aufklärungszeit. Halle 2025, 216 Seiten, 36 Euro, ISBN: 978-3-96311-986-6
 

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