Krebsforschung mit Genom-Editierung

„In den letzten zwei Jahrzehnten hat die Forschung einen umfassenden Katalog der Mutationen hervorgebracht, die bei menschlichen Krebserkrankungen auftreten können“, sagt Michael Böttcher. „Von den mehr als 20.000 menschlichen Genen sind nur einige hundert regelmäßig in Krebszellen mutiert. Die große Herausforderung besteht nun darin, die funktionelle Bedeutung dieser Mutationen zu verstehen.“ Ein möglicher Schlüssel liegt in CRISPR-Technologien zur Genom-Editierung. Das sind Verfahren, um das menschliche Erbgut an vorgegebenen Stellen zu verändern. Der Molekularbiologe setzt unter anderem auf „Prime Editing“ – eine weiterentwickelte CRISPR-Methode, mit der sich auch präzise Veränderungen in das Genom einbauen lassen. Dieses Werkzeug erlaube es, genetische Veränderungen, die in Tumoren von Patientinnen und Patienten gefunden wurden, in Krebszellkulturen nachzubauen und ihre Funktion zu untersuchen.
Böttcher entwickelt mit seinem Team Ansätze, bei denen in einem einzigen Experiment die Funktion von hunderttausenden Mutationen gleichzeitig analysiert werden kann, etwa indem man editierte Zellen einem Medikament aussetzt. So lassen sich Mutationen finden, die eine Therapie unwirksam machen. Zudem werden verschiedene CRISPR-Werkzeuge genutzt, um gezielt mehrere Gene gleichzeitig auszuschalten. „So können wir herausfinden, welche Genkombinationen für das Überleben von Krebszellen besonders entscheidend sind – und damit potentielle Angriffspunkte für neue Therapien identifizieren“, so der 46-Jährige.
Böttcher studierte Biologie an der Universität Freiburg und schloss seine Diplomarbeit am Australian Center for Plant Functional Genomics in Adelaide (Australien) ab. Für seine Promotion wechselte er 2006 an das Deutsche Krebsforschungszentrum und die Universität Heidelberg. Anschließend war er unter anderem an der University of California San Francisco (USA) sowie am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie im Labor von Prof. Dr. Emmanuelle Charpentier, einer der Entwicklerinnen von CRISPR, tätig.
Prof. Dr. Michael Böttcher
Molekulare Medizin der Signaltransduktion
E-Mail: michael.boettcher@medizin.uni-halle.de