Juristen veröffentlichen Info-Broschüre zu Corona und Arbeitsschutz
Eigentlich ist die Sache klar: Seit den Ausbrüchen von SARS und MERS in den vergangenen 20 Jahren gibt es in Deutschland Pandemie-Pläne sowie eine ganze Reihe von Dokumenten und Vorschriften, wie sich der Staat und auch Unternehmen auf künftige Pandemien vorzubereiten haben. Darin steht zum Beispiel festgeschrieben, wie der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auszusehen hat und dass etwa im Gesundheitswesen eine bestimmte Menge von Schutzausrüstung – Masken, Anzüge und Co. – ständig vorzuhalten ist.
Aber wie das mit der Vorsorge so ist: Als sich Anfang dieses Jahres das neuartige Corona-Virus weltweit ausbreitete, traf das viele Bereiche sehr unerwartet und vor allem unvorbereitet. „Im Gesundheitswesen ist bekannt, was Biostoffe sind, was Viren sind und wie man damit umzugehen hat. Spätestens seit Mitte März war aber klar, dass das Virus alle Bereiche betrifft – zum Beispiel auch den Einzelhandel, die Gastronomie und Bildungseinrichtungen“, sagt Prof. Dr. Wolfhard Kohte, ehemaliger Professor an der MLU und heute Forschungsdirektor des Zentrums für Sozialforschung in Halle. „Anders als andere schädliche Stoffe ist ein Virus weder sichtbar noch hörbar oder schmeckbar. Auch wegen der langen Zeit, bis nach der Infektion Symptome auftreten können, ist das Virus am Arbeitsplatz eine große Gefahr“, erklärt er weiter.
Bereits im Februar hatte der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin entsprechende Regeln festgehalten und online dokumentiert. „Das war aber nur für eine Minderheit von Personen verständlich.“ Deshalb habe die neue Broschüre, die er gemeinsam mit dem Bremer Arbeitsschutzexperten Dr. Eberhard Kiesche verfasst hat, in erster Linie eine Übersetzungsfunktion. Auf 48 Seiten fasst sie alle wesentlichen Informationen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz während der aktuellen Pandemie für Laien verständlich zusammen. Das beinhaltet nicht nur Erläuterungen zu Covid-19 und zu Arbeitsschutz- sowie Hygienemaßnahmen, sondern auch konkrete Informationen zum Umgang mit Risikogruppen, den Rechten und Pflichten von Arbeitnehmern und -gebern, Personal- und Betriebsräten, zu Heimarbeit sowie zur Prävention für künftige Pandemiefälle. Abgerundet werden die einzelnen Kapitel durch systematische Zusammenfassungen und Checklisten, die von Betrieben abgearbeitet werden können.
Nach dem Ende der Pandemie dürfen die jetzt getroffenen Maßnahmen und Vorkehrungen nicht vergessen werden, fordert Kohte. „Wir müssen uns auf die nächste Pandemie vorbereiten und die Maßnahmen konsequent umsetzen.“ Dabei sieht der Jurist nicht nur Betriebe in der Pflicht, die die bereits heutige gültigen Maßnahmen stärker umsetzen müssten. Der Gesetzgeber müsse die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, dass sich die Prävention auch ökonomisch in den Alltag integrieren lässt – und dies hinreichend oft und genau kontrollieren. Besonders die gesetzlichen Regelungen könnten seiner Meinung nach klarer und einfacher formuliert sein. Weiterhin sollten Behörden zu einer besseren Informationspolitik verpflichtet werden. Gleichzeitig plädiert er dafür, das Gesundheitswesen mit zusätzlichen Mitteln auszustatten, um während ruhigerer Zeiten entsprechende Rücklagen für Pandemien bilden zu können.
Die Chancen dafür, das zumindest in Teilen zu schaffen, stehen gut, so Kohte: Laut Umfragen unter Personal- und Betriebsräten ist der Themenkomplex seit Beginn der Pandemie so wichtig und gefragt wie noch nie zuvor.
Eine zweite Auflage der Broschüre ist bereits im Gespräch.
Informationen zur Broschüre: Wolfhard Kohte, Eberhard Kiesche: Arbeits- und Gesundheitsschutz in Zeiten von Corona. Der Leitfaden für Betriebe und Beschäftigte. München 2020, 48 S., 6,90 Euro, ISBN: 978-3-406-75831-7