Faszinierende Optik als Geschäftsmodell

15.11.2024 von Ines Godazgar in Wissenstransfer, Varia
Ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Licht und Schatten ermöglicht es, versteckte Bilder in verschiedene Materialien zu integrieren. Was als technische Spielerei begonnen hatte, wurde von der Physikerin Marzieh Ezzatpour zu einer soliden Geschäftsidee weiterentwickelt. Unterstützt wurde sie dabei vom Transfer- und Gründungsservice der MLU. Ihr Projekt „Hidden Visuals“ stellt sie auf dem diesjährigen „Investforum Pitch-Day“ in Magdeburg vor.
Marzieh Ezzatpour präsentiert einen Prototyp aus ihrem Projekt "Hidden Visuals".
Marzieh Ezzatpour präsentiert einen Prototyp aus ihrem Projekt "Hidden Visuals". (Foto: Markus Scholz)

An der Wand im Büro von Marzieh Ezzatpour im Institut für Physik lehnt eine unscheinbare Holzplatte. Wer ihr nur einen flüchtigen Blick schenkt, wird daran nichts Auffälliges bemerken. Der Wow-Effekt tritt erst ein, wenn die junge Iranerin, die seit 2021 an der MLU promoviert, seitlich das Licht einer Taschenlampe über die unebene Oberfläche strahlen lässt: Dann erscheint auf dem Holz das Bild eines jungen Paars. Je nachdem, aus welchem Winkel die Strahlen auf die unebene Fläche treffen, wird das Motiv heller oder dunkler, erscheinen seine Konturen klarer oder blasser.

„Die dahinter stehende Technologie wurde ursprünglich im Iran von einem Team junger Physiker entwickelt, zu dem auch mein Mann und Geschäftspartner gehört“, erklärt Ezzatpour und ergänzt: „Wir glauben, dass sie ein breites Anwendungsspektrum in verschiedenen Branchen bieten kann, zum Beispiel bei Tür-Zugangssystemen, in der Gaming-Branche oder für den Markenschutz als Signatur gegen Fälschungen.“ Die Grundidee des Projekts „Hidden Visuals“: Physikalische Prinzipien aus der Optik werden verwendet, um Licht und Schatten so zu manipulieren, dass dabei Bilder oder Muster entstehen, die nur unter bestimmten Lichtbedingungen sichtbar werden.

Doch wie wird aus so einer guten Idee ein echtes und marktfähiges Produkt? Diese Frage konnte sich die Physikerin zuletzt intensiver widmen; Ezzatpour gehört zu den Teilnehmerinnen der ersten Runde eines speziellen Förderprogramms des Transfer- und Gründungsservice der MLU, finanziert aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums: Ziel von „EXIST-Women“ ist es, Frauen früh und niederschwellig an das Thema Unternehmensgründung heranzuführen, denn nach wie vor sind sie in Deutschland in diesem Bereich stark unterrepräsentiert.

„Die Teilnahme hat mir sehr geholfen“, sagt die Physikerin mit Blick auf die angebotenen Coachings wie auch die Betreuung durch erfahrene Mentoren und Mentorinnen. Sie habe zum Beispiel erfahren, was eine Geschäftsidee von einer Forschungsidee unterscheide. Ihr größter persönlicher Nutzen sei aber „eine Änderung meiner Denkweise“ gewesen. „Ich habe gelernt, Konzepte zu vereinfachen und mich auf die Interessen meiner Zielgruppe zu konzentrieren.“ Zur Förderung gehörte auch ein dreimonatiges Stipendium von bis zu 3.000 Euro pro Monat sowie ein eigenes kleines Projektbudget.

Jetzt fühlt sich die Forscherin gut vorbereitet für den nächsten Schritt: Am 19. November wird sie ihre Idee auf dem Investforum Pitch-Day 2024 in Magdeburg vorstellen. Dabei müssen die Teilnehmerinnen innerhalb eines kurzen Zeitfensters potenziellen Geldgebern ihr Geschäftskonzept schmackhaft machen. Von der Teilnahme erhofft sich Ezzatpour vor allem produktive Gespräche. „Ich wünsche mir, dass ich gemeinsam mit möglichen Investoren und Partnern darüber diskutieren kann, wie sie unsere Technologie in ihre Branchen integrieren können. Und ich würde gern ihre Vorschläge und Ideen dazu hören.“

Ganz gleich, wie der Pitch-Day für sie ausgeht, möchte Ezzaptour zunächst ihre Promotion fertigstellen. Dafür ist sie vor drei Jahren - mitten in der Pandemie - aus dem Iran nach Halle gezogen. Das war zugleich ihr erster Aufenthalt in Europa. Zuvor hatte sie an der Shahid Beheshti Universität in Teheran ihren Master in Physik abgeschlossen. An der MLU forscht sie in der von Prof. Dr. Jan Laufer geleiteten Fachgruppe für Medizinische Physik. Sie arbeitet vor allem an der Entwicklung von Methoden und Technologien im Bereich der so genannten photoakustischen Bildgebung. 

Sowohl im Institut als auch in Halle fühlt sie sich wohl. Die Uni biete ihr „eine angenehme Umgebung für akademische Arbeit“. In zwei Jahren, so schätzt sie, wird sie mit ihrer Doktorarbeit fertig sein. Wie es danach für sie, ihren Mann und ihre kurz nach der Ankunft in Halle geborene Tochter weitergeht, darauf will sich Marzieh Ezzatpour noch nicht festlegen. Sie könne sich eine Zukunft in der Forschung, aber auch in der Wirtschaft – vielleicht sogar mit eigener Firma – vorstellen.

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