Vom Drogeriemarkt bis zum Klima-Thriller: Dirk Roßmann spricht in Halle
Ein Detail galt es an diesem Dienstagabend in der gut gefüllten Aula im Löwengebäude gleich zum Auftakt zu klären: Wie nun, Roßmann oder Rossmann? Tatsächlich ist das ß im Familiennamen korrekt, nur als beleuchteter Einzelbuchstabe über seinem ersten Laden hat es Dirk Roßmann nicht gefallen. Die Namensfrage war eine von vielen, die der erfolgreiche Unternehmer beim 52. Halleschen Wirtschaftsgespräch des Instituts für Unternehmensforschung und Unternehmensführung an der MLU beantwortete. Anders als seine 51 Vorgängerinnen und Vorgänger in der Veranstaltung hielt der 77-Jährige keinen Vortrag, sondern wurde von MDR-Moderator Sven Kochale interviewt, ergänzt durch Nachfragen aus dem Publikum. In zwei Stunden ging es so einmal quer durch das Leben eines Mannes, der aus „den kleinen Verhältnissen“ herauswollte, in denen er groß wurde. Vom ersten mit dem Verkauf und der Auslieferung von Drogeriewaren selbst verdienten Geld als Zwölfjähriger über den Start der heute über rund 4.500 Filialen umfassenden Drogeriekette bis hin zur Unternehmensnachfolge. Darüber hinaus: Künstliche Intelligenz, Steuern, Politik, Krieg, Klimaschutz – das Themenspektrum war auch über die eigene Biografie hinaus breit.
Roßmann sprach zum Beispiel über die sprichwörtlich guten und schlechten Zeiten, den rasanten Aufstieg, Milliardenumsätze, die zwischenzeitlichen finanziellen Probleme. An schlechten Zeiten, sagte er, könne man zerbrechen oder aber in ihnen stärker werden, echtes Selbstbewusstsein entwickeln. Er berichtete, wie sein Unternehmen in den 1990er Jahren kurz vor der Insolvenz stand. Die Einführung von Eigenmarken und der „Ideenwelt“ – ein Vorschlag seiner Frau – hätten Ende der 1990er die Wende gebracht, heute sei das Unternehmen schuldenfrei. Roßmann sprach darüber, warum er im Onlinehandel keine Gefahr für das Filialgeschäft sieht. Und offenbarte, dass das mit dem Internet nicht so seine Sache ist: „Ich weiß nicht, was ein Hashtag ist, aber wenn Sie wollen, dass ich zwei Stunden über Fontane oder Goethe rede, bin ich dabei“, sagte der Unternehmer, der bis heute kein Smartphone besitzt. Für sein altes Nokia-Handy habe er noch zehn weitere in Reserve, räumte er freimütig ein.
Der Mitbegründer der seit 1991 bestehenden Deutschen Stiftung Weltbevölkerung sprach auch über Engagement – über die Spendentätigkeit von Rossmann, die Zusammenarbeit mit der „Tafel“. Oder die Aktion im Januar 1990, als er rund 20.000 Exemplare des „Spiegel“ in 16 Pkw nach Leipzig schmuggelte und dort verteilen ließ. „Es ging um ein politisches Statement“, sagte er – die Ostdeutschen sollten aus dem Westen nicht als Erstes rechtsextreme Propaganda lesen. Seit einigen Jahren widmet sich der Unternehmer selbst verstärkt dem Schreiben. Er hat 2018 eine Biografie herausgegeben, in der kommenden Woche erscheint der dritte Klima-Thriller aus seiner zum Teil gemeinsam mit dem ehemaligen Spiegel-Autor Ralf Hoppe verfassten Oktopus-Reihe. Auf das Klima kam er an diesem Abend an der Uni noch einmal zurück, als er über etwas sprach, das ihm im Alltag immer sehr wichtig war: Vertrauen. „Wir werden auch das mit der Klimakrise nicht hinkriegen, wenn die Menschheit nicht endlich lernt, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.“
Zum Abschluss des Abends gab es noch zwei Liebeserklärungen: an den Wörlitzer Park, in dem Rossmann seit 25 Jahren Mitarbeitende zusammenbringt – „so etwas gibt es in Westdeutschland nicht“. Und an die Aula der MLU. „Dieser Raum ist so unglaublich schön!“