„Ich möchte Mut machen“

22.11.2023 von Katrin Löwe in Campus
98 neue Deutschlandstipendien sind gestern an sehr gute und engagierte Studierende der Universität vergeben worden. Der Biochemiker Dr. Enrico Ehrhardt war einst selbst Stipendiat. Diesmal war er als Vertreter eines Förderers vor Ort.
Enrico Ehrhardt war einst selbst Stipendiat und nun für einen Förderer dabei.
Enrico Ehrhardt war einst selbst Stipendiat und nun für einen Förderer dabei. (Foto: Maike Glöckner)

Für Dr. Enrico Ehrhardt schließt sich an diesem Dienstag in der Aula des Löwengebäudes gewissermaßen ein Kreis. Zum Ende seines 2013 gestarteten Bachelorstudiums der Biochemie hat sich der heute 29-Jährige für ein Deutschlandstipendium beworben. Mit Erfolg: Die Martin-Luckner-Stiftung aus Halle förderte den Studierenden, der nicht nur mit seinen Leistungen, sondern auch mit Engagement überzeugen konnte – als Fachschaftsratsmitglied und Tutor für Studierende, als Nachhilfelehrer für Schülerinnen und Schüler und als Eishockey-Trainer für Kinder. Jetzt ist er wieder bei der Stipendienvergabe dabei, diesmal sozusagen auf der anderen Seite: Er übergibt ein Stipendium im Auftrag der Luckner-Stiftung. Seit kurzem ist Ehrhardt neben seinem Hauptjob Geschäftsführer der BioSolutions Halle GmbH. Die nach dem 2004 verstorbenen MLU-Professor für Pharmazeutische Biologie Martin Luckner benannte Stiftung ist Gesellschafter von BioSolutions.

Enrico Ehrhardt hat das Deutschlandstipendium in mehreren Punkten geholfen. „Das Studium war sehr anspruchsvoll und zeitaufwändig“, sagt er – und er habe sich dank der Förderung und der Unterstützung seiner Eltern voll darauf konzentrieren können und nicht nebenbei arbeiten müssen. Zudem habe ihm das Geld einen dreimonatigen Aufenthalt bei einer Firma ermöglicht, die in Österreich zu neurodegenerativen Erkrankungen forscht. „Dort habe ich viel über Zellkulturen gelernt, einen Aspekt, den ich im Studium nicht hatte.“ Dazu kamen die Kontakte, zur Luckner-Stiftung und auch zur Navigo Protein GmbH, die ihn während des Masterstudiums ebenfalls mit einem Deutschlandstipendium förderte. Bei Navigo habe er Einblicke in industrielle Abläufe erhalten, sagt Ehrhardt – eine wertvolle Erfahrung, auch wenn ihn der Weg später in die Forschung und damit auch zu einem anderen Arbeitgeber geführt hat.

Bei der Gesellschaft zur Förderung von Medizin-, Bio- und Umwelttechnologien (GMBU) in Halle forscht er seit einigen Jahren an Mikroalgen, die sich unter bestimmten Bedingungen rot färben. Deren Farbstoff wird im pharmazeutischen und kosmetischen Bereich genutzt, aber auch als Färbemittel in der industriellen Lachsproduktion. Den physiologischen und molekularen Hintergründen der Algenverfärbung auf die Spur zu kommen und den Prozess zu optimieren, ist Thema seiner mittlerweile preisgekrönten Dissertation gewesen, die an der MLU von Prof. Dr. Ingo Heilmann betreut wurde. Inzwischen sei ein Patent angemeldet, die Alge samt Farbstoff über ein Insekt als Futter in den Lachs zu schleusen, sagt Ehrhardt.

Was ihn geprägt habe, sei die Eigenständigkeit, die während seiner externen Promotion gefordert war. Sein heutiger Blick auf die Deutschlandstipendiaten: „Ich möchte Mut machen, über vermeintlich einfache Lösungen hinaus zu denken.“ Und ihnen aus seiner Position als Arbeitsgruppenleiter bei der GMBU und als Geschäftsführer bei BioSolutions Wege öffnen und Kontakte vermitteln, die ihnen dabei helfen, nach dem Studium Fuß zu fassen.

Insgesamt 65 Privatpersonen, Unternehmen, Kirchen, Stiftungen oder Vereine unterstützen ab dem Wintersemester 2023/24 junge Studierende. Das Stipendium in Höhe von 300 Euro monatlich wird zum einen Teil von ihnen, zur anderen Hälfte vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitgestellt. Seit Beginn des Programms an der Uni sind bereits 1.210 Stipendien vergeben worden, in Summe sind das 4.356.000 Euro. Dafür richtete Rektorin Prof. Dr. Claudia Becker am Dienstag im Interview mit der Moderatorin des Abends Prof. Dr. Susanne Voigt-Zimmermann einen ausdrücklichen Dank an die Förderer - verbunden mit dem Rat an die Studierenden: "Nutzen Sie die Chance!"

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