20 Jahre Stiftung Leucorea: Ein Blick zurück
In einem katastrophalen Zustand habe sich das Gebäude Anfang der 1990er Jahre befunden, erinnert sich Berg, damals Rektor der Martin-Luther-Universität und nach seiner Amtszeit von 1996 bis 2007 Vorsitzender des Stiftungsvorstandes der Leucorea. Als vor 20 Jahren die Stiftung am Reformationstag feierlich eröffnet wird und der Akademische Senat das erste Mal in Talaren zu dem Gebäude geht, in dem einst die Geschichte der Universität Wittenberg begann, ist dieses noch unsaniert.
Die Geschichte des Gebäudes in der Collegienstraße 62 reicht mittlerweile mehr als 500 Jahre zurück: Martin Luther, Philipp Melanchthon und Joachim Rheticus gingen hier ein und aus. Denn bereits kurz nach der Gründung der Universität im Jahr 1502 lässt Friedrich III., Kurfürst von Sachsen, ein Haus für seine Universität erbauen. Die Leucorea ist schnell eine der führenden Universitäten in Europa.
Doch die Wittenberger Universitätszeit endet 300 Jahre später. 1817 werden die Leucorea und die 1694 gegründete Universität Halle zur Vereinigten Friedrichs-Universität in Halle vereint. Damit endet das akademische Leben in Wittenberg. Erst nach 1990 wird wieder darüber diskutiert, das historische Gebäude als Sitz einer Stiftung zu nutzen.
Im April 1994 beschließt die Landesregierung die Gründung der Stiftung Leucorea. Im Jahr darauf wird die Stiftung eröffnet und zugleich das Zentrum für USA-Studien gegründet, das bald in das teilsanierte Gebäude ziehen kann. Nachdem 1996 der erste Bauabschnitt beendet ist, lädt die Universität Halle zum allerersten Mal zur Disputation in das Audimax der Leucorea ein.
Die Stiftung etabliert sich zunehmend als Ort für wissenschaftliche Tagungen. Doch sie soll nicht nur temporär Akademiker in die Lutherstadt bringen. Wissenschaftliche Zentren werden gegründet und eigenständige Institutionen, wie das Institut für Hochschulforschung HoF und das An-Institut für deutsche Sprache und Kultur siedeln sich an. Im Jahr 2009 startet ein großes Forschungsprojekt. Unter dem Titel „Das ernestinische Wittenberg“ erforschen Historiker, Kunsthistoriker, Theologen, Juristen und Archäologen seitdem die Kulturgeschichte Wittenbergs. 2014 nimmt schließlich die interdisziplinäre Graduiertenschule „Kulturelle Wirkungen der Reformation“ an der Stiftung Leucorea ihre Arbeit auf. Vier Jahre lang erforschen fünf Stipendiaten aus fünf Disziplinen die Auswirkungen der Reformation.
Ein weiteres Vorhaben soll zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation 2017 bereits abgeschlossen sein: der Aufbau einer reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek. Rund 220.000 Bücher sollen der Wissenschaft und der Öffentlichkeit im Wittenberger Schloss dann zur Verfügung stehen.