Solarzellen 2.0

26.01.2012 von Claudia Misch in Im Fokus
Einen doppelten Beitrag zur Nachhaltigkeit könnten sie leisten, die Solarzellen, die bald im Labor der Photovoltaik-Forschungsgruppe um Professor Roland Scheer entstehen sollen. Denn die Wissenschaftler wollen nicht nur den Wirkungsgrad der Zellen erhöhen, sondern haben sich auch die möglichst umweltschonende Herstellung zum Ziel gesetzt.
Rund 3,5 Prozent des deutschen Stromverbrauchs speisen sich aus Sonnenenergie. Doch wie lässt sich die Effizienz der Solarmodule erhöhen und eine verbesserte Ressourcennutzung erreichen?
Rund 3,5 Prozent des deutschen Stromverbrauchs speisen sich aus Sonnenenergie. Doch wie lässt sich die Effizienz der Solarmodule erhöhen und eine verbesserte Ressourcennutzung erreichen? (Foto: Q-Cells AG)

Die Energie der Sonne in Strom umzuwandeln, das ist das Steckenpferd von Professor Roland Scheer. Schon im Studium hat sich der gebürtige Berliner der Photovoltaik verschrieben. „Dass die Sonne bald ein wichtiger Energielieferant sein würde, war schon damals klar“, erklärt Scheer, der seit dem Sommer 2010 den von der Q-Cells AG gestifteten Lehrstuhl für Photovoltaik inne und selbst an der Gründung eines Solarmodulherstellers mitgewirkt hat. Im Zentrum seiner Forschung stehen dabei die die sogenannten Dünnschichtzellen, die Solarzellen der zweiten Generation.

Photovoltaik-Experte Roland Scheer erklärt Studierenden im Labor die Herstellung von Solarzellen
Photovoltaik-Experte Roland Scheer erklärt Studierenden im Labor die Herstellung von Solarzellen (Foto: Waltraud Grubitzsch)

„Gegenüber den Siliziumzellen der ersten Generation haben die Dünnschichtzellen bereits den Vorzug, dass sie einen geringeren Energieaufwand bei der Herstellung verursachen und durch ihre Flexibilität beispielsweise auch für die Fassadenintegration geeignet sind“, erläutert Scheer. Allerdings gebe es in diesem Bereich auch noch viele offene Fragen. Beispielsweise die nach den Materialien, aus denen die Solarzellen und insbesondere die lichtabsorbierende Schicht im Kern der Zelle hergestellt werden. „Um Wirkungsgrad und Kostenperspektive der Solarzellen zu verbessern, könnte man natürlich versuchen, die vorhandenen Materialien zu verbessern. Oder aber man sucht neue. So wie wir.“

Die Forschungsgruppe um Scheer konzentriert sich dabei auf die Erforschung solcher Absorbermaterialien, deren Bestandteile in größerer Menge in der Erdkruste zu finden sind und damit eine umweltfreundlichere Herstellung ermöglichen. Genauer gesagt, den sogenannten anorganischen Chalkogeniden. Chalkogenide, das sind chemische Verbindungen der Elemente Schwefel, Selen und Tellur mit Metallen, die Halbleitereigenschaften besitzen. „Hier sind viele Kombinationen möglich, von denen allerdings ein Großteil noch nicht wissenschaftlich untersucht ist“, berichtet Scheer. Bisher seien in der Praxis auch nur solche Materialien im Einsatz, mit denen man schnelle Anfangserfolge habe erzielen können. „Diese beruhen aber zumeist auf weniger verfügbaren, teuren Elementen“, fügt der Photovoltaik-Experte an.

Ganz genau hingesehen: Aufbau einer Dünnschichtsolarzelle unter dem Mikroskop und Funktionsweise im Schema (Quelle: Roland Scheer)
Ganz genau hingesehen: Aufbau einer Dünnschichtsolarzelle unter dem Mikroskop und Funktionsweise im Schema (Quelle: Roland Scheer)

Deshalb will das hallesche Forscherteam in den kommenden Jahren weitere Chalkogenid-Kombinationen im Labor auf ihre Eignung als Absorber testen. „Wir befinden uns zwar noch in der Aufbauphase, haben aber schon mit der Herstellung erster Solarzellen begonnen“, berichtet Scheer. „Wir analysieren zunächst Solarzellen auf Basis bereits verwendeter Chalkogenide und wollen dann mit dem Wissen, das wir mit den vorhandenen Materialien gewonnen haben, an einige unerforschte Verbindungen und Materialien herangehen.“

Unterstützung erhalten die MLU-Forscher dabei von Kollegen der benachbarten Fraunhofer-Institute für Werkstoffmechanik und Silizium-Photovoltaik sowie des Max-Planck-Institutes für Mikrostrukturphysik. „In Halle findet sich mit dem Weinberg-Campus eine einzigartige Konstellation von Forschungseinrichtungen, die sich mit dem Komplex Photovoltaik und Materialforschung befassen“, lobt der Wissenschaftler.

Neben der Suche nach neuen Absorbermaterialien betreibt die Gruppe um Scheer eine Kooperation mit dem Fachbereich für Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule Anhalt zur Erforschung neuartiger Kontaktmaterialien für Solarzellen. Im Rahmen dieses vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit zwei Millionen Euro geförderten Projektes sollen zudem an beiden Hochschulen unter gemeinschaftlicher Betreuung mehrere Promotionen erarbeitet werden.

Im Solarzellen-Labor plant Scheer, Studierende künftig auch ganz praktisch an die Photovoltaik heranführen. „Wir wollen es unseren Studenten ermöglichen, ihre eigenen Solarzellen herzustellen“, berichtet er. „Forschung zum Anfassen.“

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