Operation im Hörsaal - „Das sieht so aus, wie es ist“

24.11.2014 von Sarah Ludwig in Studium und Lehre, Campus
Erwartungsvoll schauen 130 Studenten auf die große Leinwand im Hörsaal 1 am Universitätsklinikum Halle, langsam zoomt eine Kamera in den Operationssaal zwei Etagen über ihnen. „Hallo, hören sie mich?“, fragt Prof. Dr. Henning Dralle aus dem Hörsaal den leitenden Operateur Dr. Phuong Nguyen Thanh. Klar und deutlich antwortet dieser. Die Operation der Gallenblase samt Live-Übertragung kann starten.
Aus dem OP in den Hörsaal.
Aus dem OP in den Hörsaal. (Foto: Dietrich Stoevesandt)

„Wir wollen die Studierenden für die chirurgischen Fächer begeistern“, so Prof. Dr. Stefan Plontke, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und der Initiator der Halleschen OP-Wochen - einem einmaligen Projekt in Deutschland. „Wir bieten hier Studierenden der Medizin, Zahnmedizin und Pflege- und Gesundheitswissenschaften zum ersten Mal die Möglichkeit, Operationen live im Hörsaal verfolgen zu können.“

An acht Abenden im November können sie typische Operationstechniken aus verschiedenen chirurgischen Fachrichtungen kennenlernen. Auf dem Programm stehen neben der laparoskopischen Entfernung der Gallenblase auch eine Bypass-Operation und das Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks. Den Lehrcharakter der OP-Wochen verdeutlicht auch die Einführung in das jeweilige Thema vor dem Start der eigentlichen Operation: Wie verlief eine Gallenblasenoperation vor 100 Jahren? Und welche Komplikationen können dabei auftreten?

Anhand von Lehrbuchskizzen wird dann die Operation erklärt, bevor es zum ersten Schnitt kommt. Es folgen ein paar skeptische Blicke von Erstsemestern. Und Henning Dralle kommentiert: „Das sieht so aus, wie es ist“. Auch praktizierende Mediziner haben viele chirurgische Standardoperationen in ihrem Berufsleben noch nicht gesehen. „In der Ausbildung bekommt man Operationen eher zufällig zugewiesen, die Halleschen OP-Wochen bündeln diese wichtigen OPs“, erklärt Plontke.

Initiator der OP-Wochen Prof. Stefan Plontke
Initiator der OP-Wochen Prof. Stefan Plontke (Foto: Faust/Halle)

Die Idee dazu basiert auf der Tübinger Sectio Chirurgica, einer Veranstaltung der Klinischen Anatomie in Tübingen, bei der chirurgische Eingriffe an anatomischen Präparat demonstriert und ins Internet übertragen werden. Doch in Halle werden echte Patienten operiert. Zwei Kameras übertragen den Eingriff: Eine Saalkamera und die – bei der Gallenblasenoperation - noch interessantere Kamera am Endoskop. Um den angehenden Mediziner diese Einblicke ermöglichen zu können, musste der Patient vorher ausgesucht, am OP-Tag zur Vorlesungszeit eingeplant und die dazugehörige Vorlesung vorbereitet werden.

Seit einem Jahr plant Plontke die Übertragungen der Live-Operationen. „Die Projektpartner aus den verschiedenen Bereichen haben schnell zugesichert mitzumachen. Am Anfang hatte ich nur große Bedenken, ob das technisch alles umsetzbar ist.“ Aber alles funktioniert reibungslos. „Sie machen das sehr gut“, ermuntert Henning Dralle aus dem Hörsaal scherzhaft seinen Kollegen im OP. Die Studenten lachen.

Um den Erfolg der Veranstaltung bei den Studierenden auch zu evaluieren, holte sich der Stefan Plontke den Leiter des SkillsLab im Dorothea Erxleben Lernzentrum Dr. Dietrich Stoevesandt mit ins Projektteam. „Jeweils zu Beginn und zum Ende einer jeden Live-Übertragung füllen die Studierenden einen Fragebogen aus“, so Stoevesandt und Plontke ergänzt: „Wir wollen Lehre wirksam machen.“

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